Beiträge auf: einslive
Kirche in 1Live | 27.09.2017 | floatend Uhr
Spießig. Und dankbar.
Nennt mich ruhig spießig. Seit einem Jahr habe ich einen Schrebergarten. Also, nicht ich allein, sondern mit ein paar Leuten zusammen. Und es ist großartig. Ich weiß wieder, wie Erdbeeren direkt vom Strauch schmecken. Ich habe gelernt, dass es grandios leckere Kartoffelsorten gibt, die man nicht im Laden findet, die man aber gut in alten Reissäcken ziehen kann.
Ich habe mehr Zucchini, als mir lieb ist, dafür ist leider nichts aus den Auberginen geworden. Und meine Möhren haben die Wühlmäuse weggefressen. Eigentlich kann mir das relativ egal sein, ich bin ja nicht darauf angewiesen. Aber mir ist klar geworden, wie viele Faktoren mit reinspielen, damit nach dem Säen auch irgendwann geerntet werden kann. Ich kann noch so viel Unkraut jäten, gießen und düngen, Mondphasen berücksichtigen und Vogelscheuchen aufstellen – letzten Endes habe ich es nicht in der Hand. Das macht was mit mir, mit meinem Blick auf die Welt. Ich verstehe auf einmal, warum die Menschen früher „Erntedank“ gefeiert haben.
Weil unser Essen nicht selbstverständlich ist. Und das Leben generell ja auch nicht. Weil es Grund gibt, danke zu sagen. Letztens habe ich das gemacht. Ungeplant und unspektakulär – rote Bete ausgegraben, die Hände mit Erde unter den Fingernägeln gefaltet und gesagt: „Danke.“ Für mein Gemüse. Für mein ganzes Leben. Nennt mich ruhig spießig. Mir ist das wichtig. Wofür bist du dankbar?
