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Hörmal | 24.02.2019 | 07:45 Uhr
Ersatzspieler
„Auf die Ersatzbank kommt es an!“[1] Diese Erkenntnis aus dem Fußball stammt nicht von mir. Nadine Angerer hat das einmal gesagt, und die muss es ja wissen. Immerhin: Sie ist die ehemalige Torhüterin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, war zweimal Fußballweltmeisterin und 2013 sogar Weltfußballerin des Jahres. Nadine Angerer schreibt zur Fußball WM 2018 der Männer: „Die (Ersatz)Bank hat es in der Hand, ob es bei einem Turnier gut läuft.“[2] Klar, die Ersatzspieler fiebern beim Spiel nicht nur mit und feuern ihre Kollegen im Kader an, sondern sie springen ein, wenn ein anderer verletzt ist, ausfällt oder in der Leistung nachlässt, und das Spiel droht, verloren zu gehen. Der Trainer entscheidet und setzt den Ersatzspieler ein. Und manchmal dreht so ein Ersatzspieler dann das ganze Spiel noch einmal um und führt seine Mannschaft zum Sieg.
Warum ich das erzähle? Heute am 24. Februar denkt die katholische Kirche an den Heiligen Mathias. Der war auch ein Ersatzspieler, nicht beim Fußball, sondern bei dem exklusiven Kollegium der Apostel. Da musste nämlich Judas Iskariot ersetzt werden. Er war der Apostel, der Jesus verraten hatte. Nachdem Jesus am Kreuz starb, hatte sich Judas vor lauter Reue erhängt, so steht es in der Bibel. Im Kader war also ein Platz frei. Und daher musste ein anderer Apostel gefunden werden. Denn anders als im Fußball besteht das Apostelkollegium aus zwölf und nicht aus elf Mitgliedern. Jesus hatte nämlich zwölf Apostel erwählt, um an die zwölf Stämme Israels zu erinnern. Und so beschreibt die Apostelgeschichte, wie dann ein Ersatzmitglied ermittelt wurde und zwar per Los. Zwei Ersatzkandidaten wurden aufgestellt „Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus“, und eben „Mathias“. Wichtige Voraussetzung für beide war: Sie mussten von Anfang an mit Jesus zusammen gewesen sein – im Fußballjargon: immer mittrainiert haben. Dann wurde das Los geworfen. Es fiel auf Mathias, und – so heißt es dann in der Apostelgeschichte – „er wurde den Aposteln zugerechnet“ (vgl. Apg 1,15-26). Von der Bank – mitten aufs Spielfeld. Später hat Mathias segensreich gewirkt und ist der Überlieferung nach – wie fast alle seine Apostelkollegen – für seinen Glauben umgebracht worden. Und seine Reliquien sind der Überlieferung nach über Rom nach Trier gekommen, wo er bis heute besonders verehrt wird.
Auf die Ersatzbank kommt es an. Ich finde den Gedanken sehr bemerkenswert, nicht nur im Hinblick auf den Fußball oder die Wahl des Mathias, sondern noch viel allgemeiner: Wie viele Menschen gibt es wohl, die quasi auch auf der Ersatzbank sitzen, ob im Verein, unter Kolleginnen und Kollegen im Betrieb oder in der Kirche? Sie haben schon lange mitgemacht, mittrainiert, gehören von Anfang an dazu, aber eben nicht zum Kader. Und vielleicht warten sie nur darauf, ausgewählt oder einfach nur angesprochen zu werden. Sie möchten vielleicht auch zeigen, was in ihnen steckt, aber es hat ihnen bisher niemand wirklich etwas zugetraut. Vielleicht drehen sie ein Spiel nicht gleich um, aber verändern werden sie es, da bin ich mir sicher. Sie brauchen nur einmal eine Chance dazu. Und wie viele verborgene Talente gibt es wohl noch zu entdecken? Ich muss sie nur von der Ersatzbank holen und wirklich mitspielen lassen! Es bedarf dafür nur des Blicks über den Kader hinaus auf die Ersatzbank.
[1] https://www.tagesspiegel.de/sport/wm-kolumne-die-ersatzspieler-entscheiden-ob-die-wm-gut-laeuft/22726690.html.
[2] Ebd.
