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Kirche in WDR 3 | 06.12.2017 | 07:50 Uhr

Knecht Ruprecht – Ein Plädoyer für Ehrlichkeit!

Autorin:

Guten Morgen!

Mal ehrlich – was war in Ihrem Stiefel?

Ein Nikolaus aus Schokolade oder eine Rute?

Ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal meine Stiefel rausgestellt habe, aber eins weiß ich genau: Nie hatte ich eine Rute. Und das fand ich wirklich enttäuschend. Knecht Ruprecht hat mich immer viel mehr fasziniert als der liebe, heilige Bischof Nikolaus. Ich war scharf auf Süßes ja - aber noch viel mehr wollte ich wissen, wie es wirklich um mich stand. Dass ich nicht nur lieb war, wusste ich schon als Kind. Aber wussten das auch die anderen? Wer wusste, dass ich mir im Supermarkt die Kaugummis einfach selbst genommen hatte, als meine Oma sie mir nicht kaufen wollte? Wer wusste, was ich bei meinen Eltern gelauscht hatte, als sie dachten, ich schliefe schon? Wer wusste, dass ich den anderen Mädchen nicht gönnte, was ich selber nicht hatte? Also: Wie böse war ich wirklich? Ich hätte ja wirklich gerne mal einen Hinweis gehabt von diesem Knecht Ruprecht aus dem Gedicht von Theodor Storm, der sagt:

Sprecher 1:

"Die Rute, die ist hier;

Doch für die Kinder nur, die schlechten,

die trifft sie auf den Teil, den rechten."

Nun sprecht, wie ich's hierinnen find!

Sind's gute Kind, sind's böse Kind?“

Autorin:

Von diesem Knecht Ruprecht hätte ich wirklich gerne mal Besuch gehabt. Nicht um was auf mein rechtes Teil zu bekommen - das habe ich glücklicherweise nie erleben müssen. Aber um zu hören: War ich ein gutes oder ein böses Kind? Und was konnte ich noch die verbleibenden Tage bis Heiligabend tun, damit es Weihnachten richtig gute Geschenke gab? Ich dachte da durchaus langfristig. Kurzfristig wäre eine Rute zu Nikolaus besser gewesen als ein Weihnachten ohne neue Puppe. Aber Knecht Ruprecht ließ sich nicht erbarmen.

Nikolaus, Christkind oder wer auch immer die Süßigkeiten und Geschenke verteilte, mochte mich. Aber manchmal fragte ich mich trotz der schönen Sachen, was ich anders machen sollte, damit ich nichts kaputt machte, was mir eigentlich wertvoll war.

Und ich frage mich heute immer noch, wie es um mich steht. Und was ich dazu beitragen kann, dass es gut Weihnachten werden kann. Frieden auf Erden. Dass das nicht einfach so passiert, am 24. Dezember, weiß ich nach über dreißig Familienfesten. Nur wie es passiert, weiß ich oft nicht. Ich wünsche mir immer noch lieber eine Rute in Form von Ehrlichkeit, als ein süßes Geschenk, das im Nachklang bitter schmeckt. Ich wünsche mir zu Nikolaus eher eine Gelbe Karte nach dem Motto: „Katrin, es hat mich verletzt, wie du mich behandelt hast.“ Als eine Rote Karte unter dem Weihnachtsbaum. Ich wünsche mir Ehrlichkeit statt einen Stiefel voller Süßigkeiten, damit wir das, was uns trennt, vor Weihnachten aus der Welt räumen können. Der Rest kommt dann schon von alleine, wie Knecht Ruprecht sagt:

Sprecher 2:

„Von drauß' vom Walde komm ich her;

Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!

Allüberall auf den Tannenspitzen

sah ich goldene Lichtlein sitzen;

Und droben aus dem Himmelstor

sah mit großen Augen das Christkind hervor;

"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell,

hebe die Beine und spute dich schnell!,

Alt' und Junge sollen nun

von der Jagd des Lebens einmal ruhn;“

Autorin:

Mut zu Ehrlichkeit. Für ein Weihnachten in Frieden und Ruhe, wünscht sich und Ihnen Katrin Berger, Pfarrerin in Hamm.

Quellenangabe:

Theodor Storm, Knecht Ruprecht, abgerufen am 12.11.2017: http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Gedichte/Storm/ruprecht.htm

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