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Das Geistliche Wort | 01.01.2016 | 08:40 Uhr

„Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!“

Guten Morgen ein frohes und gesegnetes neues Jahr!

Heute Morgen erwacht die Stadt erst langsam. Böllergeräusche und Raketenschein sind verflogen. Die Straßen sind noch leer und nur wenige Menschen sind bereits unterwegs. Ich liebe diese Stille des Neujahrsmorgens und nutze sie Jahr für Jahr für einen Spaziergang mit meinem Hund. Diese Stille unterwegs lässt mich am ersten Tag eines neuen Jahres noch einmal auf das zurückblicken, was war und Ausschau halten, auf das, was kommt. "Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!"

Musik I

"Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!"

Dieses Wort stammt von Dag Hammarskjöld, dem ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen.

"Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!" Das klingt optimistisch! Dabei hatte Hammarskjöld es nicht leicht in Zeiten des Kalten Krieges zwischen Ost und West. Immer wieder aber hat er, der schwedische Nobelpreisträger, seit Beginn des Jahres 1953 diesen Satz in seinen Aufzeichnungen notiert – gerade auch zum Jahreswechsel.

Dieses Wort ist auch für mich ein wichtiges Motto nicht nur für diesen Neujahrsmorgen: „Dem Vergangenen Dank, dem Kommenden: Ja!“

Dankbar schaue ich zurück auf 365 Tage meines ganz persönlichen Lebens: auf viele schöne Begegnungen mit lieben Menschen, auf erfolgreiche Projekte und Aufgaben, auf die bewältigten Herausforderungen, und auf wunderbare Erlebnisse in der Freizeit und im Urlaub.

Ich denke: Ach, was kann das Leben schön sein. Wie gut, meint es der liebe Gott doch mit mir!

Aber ich weiß auch, dass für so viele Menschen das Leben hart und bedroht war und weiterhin auch ist. Es ist kaum mit anzusehen, wie Hunderttausende fliehen müssen vor Krieg, Gewalt und Terror in ihren Heimatländern Syrien, Afghanistan oder Eritrea, wie Menschen sich auf den gefahrvollen Weg über das Mittelmeer machen und sich in Europa, bei uns eine Chance erhoffen auf ein Leben in Sicherheit und Frieden.

Ja, ich bin dankbar dafür, dass ich selber hier leben darf und ich bin dankbar dafür, dass ich in einem Land leben darf, dass sich verantwortlich weiß um die Würde eines jeden Menschen. Natürlich ist die Herausforderung sehr groß, so unendlich viele Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Und keiner weiß genau, wie das gehen soll. Aber grundsätzlich bin ich froh um die sogenannte Willkommenskultur in unserem Land, weil sie meinem christlichen Glauben entspricht. Gerade das haben wir Christen doch an Weihnachten miteinander gefeiert, die MENSCHWERDUNG Gottes und dies mit all den Konsequenzen: die Suche eines kleinen hilflosen Kindes nach einer Unterkunft, die Suche Gottes nach Heimat unter den Menschen und die Botschaft des Engels, die zuversichtlich über allem steht: Fürchtet euch nicht, euch ist der Retter geboren, Christus, der Herr. Dem Vergangenen: Dank!

Musik II

Dem Vergangenen: Dank! – Nein, beileibe war nicht alles gut im vergangenen Jahr. Ich weiß nicht, wie oft ich gehadert habe?

Gefühlt gab es jeden Tag eine schreckliche Nachricht: ein Terrorakt, ein Selbstmordattentat, ein Skandal, eine Naturkatastrophe.

Sofort fällt mir der Absturz des Airbus 320 in den südfranzösischen Alpen ein: Der Copilot selber hat die Katastrophe herbeigeführt, bei der alle 150 Insassen des Flugzeugs ums Leben kamen. Darunter waren 16 Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums in Haltern mit zwei ihrer Lehrerinnen.

Oder die Bilder von den Terrorakten in Paris am 13. November kommen in mir hoch: Radikale Islamisten töteten dabei 130 unschuldige, meist junge Menschen, und verletzten mehrere hundert weitere.

Dem Vergangenen: Dank?

Nein, ganz so einfach ist das wohl doch nicht. Wer im vergangenen Jahr besonders leiden musste, wer krank war oder sogar noch ist, wer den Verlust eines lieben Menschen erlitten hat, wird nicht sofort dankbar sein können, für das, was war. So gehören doch auch Tränen zum Morgen eines Neujahrstages. Tränen, die geweint werden wollen. Tränen die helfen wollen loszulassen und die vielleicht aufgefangen werden wollen. Tränen, die es gilt zu bewahren, vielleicht wie einen Schatz: Tränen als kostbarer Schatz der Erinnerung an liebe Menschen, an glückliche Stunden, die vergangen sind.

Für den evangelischen Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer ist das Vergangene – trotz aller Tragik seines Lebens – ein kostbares Geschenk, das zu besonderen Stunden betrachtet werden will. Er schreibt in einem seiner Brief aus der Haft:

Sprecher:

„Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines uns lieben Menschen ersetzen kann und man soll das auch gar nicht versuchen; man muss es einfach aushalten und durchhalten; das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost; denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Es ist verkehrt, wenn man sagt, Gott füllt die Lücke aus; er füllt sie gar nicht aus, sondern er hält sie vielmehr gerade unausgefüllt und hilft uns dadurch, unsere echte Gemeinschaft – wenn auch unter Schmerzen – zu bewahren. Ferner: je schöner und voller die Erinnerungen, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das Vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich. Man muss sich hüten in den Erinnerungen zu wühlen, sich ihnen auszuliefern, wie man auch ein kostbares Geschenk nicht immerfort betrachtet, sondern nur zu besonderen Stunden und es sonst nur wie einen verborgenen Schatz, dessen man sich gewiss ist, besitzt; dann geht eine dauernde Freude und Kraft von dem Vergangenen aus.“

Musik III

Ist das nicht verrückt, was Bonhoeffer schreibt: Erst der Verlust macht deutlich, wie kostbar etwas ist. Aber darum geht es. Und für mich sind es besondere Stunden, in denen ich das Vergangene als einen verborgenen Schatz wahrnehme. Es ist der Neujahrsmorgen an dem ich mich an Vergangenes mit Dankbarkeit erinnere. Und so ergeht es mir hier ein wenig wie Dietrich Bonhoeffer, dem dadurch eine große Kraft und eine innere Freude für ein Morgen also die Zukunft geschenkt wurde.

Dem Vergangenen: Dank! Dem Kommenden: Ja!

Die katholische Kirche feiert acht Tage nach Weihnachten, also am 1. Januar seit jeher das Hochfest der Gottesmutter Maria. Und Maria ist es, die den Gläubigen an diesem Tag mit Ihrem JA für das Kommende als Vorbild vor Augen geführt wird.

Für Maria ist die Botschaft, die ihr der Engel überbrachte zwar fragwürdig: Wie soll das geschehen? Aber dennoch willigt sie mit ihrer ganzen Existenz in den Plan Gottes ein und bringt den Heiland zur Welt. Sie hat JA gesagt zu dem Kommenden. Mir geschehe, wie du es gesagt hast!

Ob auch ich Ja sagen kann zu dem, was mich 2016 alles erwartet?

Ob auch ich froher Hoffnung bin auf das Kommende?

Um ehrlich zu sein, ich weiß es noch nicht!

Natürlich gibt es manches, auf das ich mich jetzt schon freue. Die Urlaubstage mussten schon vor Wochen für das neue Jahr geplant werden. Verabredungen und Planungen mit lieben Menschen wollen eingehalten werden und versprechen viel Schönes und Gutes. Ich erlebe es auch als durchaus positiv mir etwas Herausragendes am Beginn eines Jahres vorzunehmen und mir Ziele zu setzten. Nur oftmals sind meine Planungen auch etwas überdimensioniert. Oftmals spüre ich – leider erst im Nachhinein –, dass ich mich und vor allem andere Menschen mit meiner Planung und meinen Vorstellungen ziemlich überfordere. Mancher Konflikt zieht dadurch schon von Ferne herauf, dabei bin ich jetzt doch erst am Anfang des Jahres. Was soll da noch alles werden? Manchen Konflikten werde ich zudem weder so noch so ausweichen können. Aber gerade dann sage ich mir: Ich darf nicht den Humor verlieren. Gerne ziehe ich daher Erich Kästner am Jahresanfang zu Rate, der schreibt:

Sprecher:

„Man soll das Jahr nicht

mit Programmen

beladen wie ein krankes Pferd.

Wenn man es allzu sehr beschwert,

bricht es zu guter Letzt zusammen.

Je üppiger die Pläne blühen,

umso verzwickter wird die Tat.

Man nimmt sich vor, sich zu bemühen,

und schliesslich hat man den Salat.

Es nützt nicht viel, sich rotzuschämen,

Es nützt nichts, und es schadet bloss,

sich tausend Dinge vorzunehmen.

Lasst das Programm! Und bessert euch drauflos!“

Musik IV

Ohne Humor geht es 2016 für mich nicht. Der Humor und der Spaß an so manchen Dingen, schenkt mir die nötige Gelassenheit eben sagen zu können:

„Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!“

Ja, ich hoffe selber auf ein gutes neues Jahr und will das Meine dazu beitragen und versuche mal, wie Erich Kästner rät, „mich drauflos zu bessern“!

Weiter wünsche ich jedem Menschen ein gutes neues Jahr und ich hoffe, dass am Ende von 2016 diese Menschen ebenfalls dankbar auf das Vergangene zurückschauen können, so wie ich es jetzt für 2015 getan habe.

Und neben dem Humor ist es für mich wichtig dem neuen Jahr ein positives Zeichen voranzustellen: eine Zusage, die mein Leben weitet, ein Wort, das mir gut tut. Für mich ist das einfach zusammengefasst im Segen Gottes.

Dieser Segen ist wie eine Zusage für mich und für jeden Menschen. Deshalb ist er in diesen Tagen in den Kirchen immer wieder zu hören:

Sprecher:

„Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.

Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“

Ich vertraue diesem Segen Gottes, denn ohne das Vertrauen auf Gott, wäre es für mich unmöglich, Ja sagen zu können zu dem, was da wohlmöglich alles auf mich zukommt in diesem Jahr, das gerade erst begonnen hat.

Musik V

Diesen Segen für das neue Jahr 2016 wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Christian Ritterbach aus Detmold

*D. Hammarskjöld, Zeichen am Weg. Das spirituelle Tagebuch des UN-Generalsekretärs. Überarbeitete Neuausgabe mit einem Vorwort v. M. Fröhlich (München 1995), S. 105. aus: Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft. Hrsg. Von Eberhard Bettge,Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 1980, S.99.

Erich Kästner, aus „Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke“, Atrium Verlag, Zürich 1966, S.99.

Numeri 6, 24-26

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