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Das Geistliche Wort | 25.05.2017 | 08:35 Uhr

Wo gehöre ich hin?

Guten Morgen!

Ist das nicht toll? Viele Menschen haben heute frei und müssen nicht arbeiten. Ich bin Lehrer und habe sogar morgen noch einen Brückentag. Ich kann mit meiner Frau also ein richtig langes Wochenende genießen: Die Beine hochlegen. Nachher mit meiner Frau spazieren gehen, eine Ausflug machen, mit unserem Enkelkind spielen und und und.

Und das alles, weil heute Christi Himmelfahrt ist. O.k., das ist ein christliches Fest – und die ganze Gesellschaft hat etwas davon. Da kommt mir die Vorstellung natürlich sehr entgegen vom christlich geprägten Abendland – wenn ich dadurch einen freien Tag habe. Aber eigentlich sind viele Menschen in Deutschland doch Trittbrettfahrer: Frei haben ja – aber mit dem Fest können sie nichts anfangen, den Vorteil mitnehmen – aber christliches Abendland und Kirche sind eigentlich egal. Wie geht das noch zusammen, frage ich mich. Ist das eigentlich gerecht, dass alle freihaben? Auch die, die keine Christen sind? Auch die, die gar nicht wissen, was das Fest bedeutet?

Ich gönne es allen, die heute frei haben, denn ehrlich gesagt: Früher habe ich auch nicht wirklich verstanden, was Christi Himmelfahrt bedeutet und durfte trotzdem freimachen.

Heute, als katholischer Religionslehrer habe ich da schon mehr Vorstellungen. Aber es ist auch schwierig mit diesem Fest, gerade wenn ich mich umschaue, wie christliche Festtage überhaupt begangen werden. Da gibt es Rituale und Bräuche: An Weihnachten gibt’s Geschenke, an Ostern gibt’s Ostereier – und an Christi Himmelfahrt? Da gibt’s – nichts. Klar, viele feiern heute Vatertag. Das ist ein schöner Brauch, aber ob das was mit Christi Himmelfahrt zu tun hat? Wie wär’s denn damit: Ich baue an Christi Himmelfahrt Feuerwerksraketen und lasse sie in den Himmel aufsteigen?! Also irgendetwas, was damit zu tun hat, dass es ab in den Himmel geht. Aber ist das alles nicht viel zu banal, um Christi Himmelfahrt zu feiern? Als ob da ein Mensch einfach so in den Himmel saust, wie Daniel Düsentrieb oder Major Tom.

Musik I: Peter Schilling: Major Tom

Kein Mensch saust aus eigener Kraft einfach so in den Himmel hinauf. Das ist doch klar. Und die vielen schönen Himmelfahrtsbilder – ob in den Barockkirchen oder alten Kinderbibeln – die gehen so einfach nicht! Aber was ist denn eigentlich Christi Himmelfahrt? Und was ist der Himmel, in den Jesus auffährt? Bevor ich da eine Antwort versuche, habe ich mich umgehört.

Ich bin ja Religionslehrer an einem katholischen Gymnasium im Duisburger Norden. Und da habe ich in der letzten Woche einfach zwei Schüler gefragt, Anika und Max, beide 15 Jahre alt: Was stellt ihr euch unter Himmel vor?

O-Ton:

Anika:

Also ich stell mir unter Himmel quasi erstmal diese endlose Weite vor, dass es quasi keinen Stopp gibt? Und man kann den Himmel halt überall sehen, ob es Tag, ob es Nacht ist, er ist quasi immer präsent und man kann immer – man hat quasi immer einen Anhaltspunkt, wo man hingucken kann.

Grünhage:

Kannst du dir vorstellen, dass es eine Verbindung gibt zwischen Gott und dem Himmel?

Anika:

Ich denke schon, weil der Himmel quasi ja über Allem steht und ähnlich wie Gott quasi fest in diese Welt eingebracht ist und nicht wegzudenken ist, weil ohne Himmel wär einfach nichts mehr da und ohne Gott wär auch nichts da.

Grünhage:

Da wär ja die Frage, wo ist denn eigentlich der Himmel?

Anika:

Ich würd sagen, der Himmel ist da, wo das Paradies ist.

Max:

Ich, also meiner Meinung nach, gibt es oben auch das Paradies nach dem Tod.

Grünhage:

Aber ich frag noch mal nach: ist der Himmel denn jetzt ein Ort? Ihr sprecht immer von oben.

Max:

Ich glaub, das hat sich so eingebürgert mit dem „oben“. Weil das so auch immer erzählt wird. Man weiß nicht, ob es ein Ort ist, man weiß nicht, ob es sonst was ist. Es wird immer von Ort gesprochen, naja, so hat man‘s gelernt.

Grünhage:

Was denkst du dir?

Max:

Ja, wie grad schon gesagt, dass immer so gesagt wird, dass es ein Ort ist, geh ich mal auch davon aus, dass es ein Ort ist, wenn es denn das Paradies gäbe oder gibt.

Anika und Max, die beiden Schüler, haben unterschiedliche Vorstellungen vom Himmel: Da ist einmal der Himmel über uns. Für Anika ein Anhaltspunkt, ein Orientierungspunkt. Dann ist der Himmel für die Schüler das Paradies, das sie nach dem Tod erwarten. Ob dieser Himmel ein Ort ist? Die Frage bleibt offen.

Max hat das schön auf den Punkt gebracht. Wir sind es halt so gewohnt, den Himmel als Ort zu denken, Himmel mit oben zu verbinden. Die Engländer haben es da einfacher. Sie kennen zwei Worte für Himmel. Einmal „sky“ – das ist der Himmel über mir, den ich sehen kann. Und dann „heaven“ – der Himmel, der räumlich nicht einzuordnen ist. „Heaven“ – das ist eben kein Ort, zu dem ich aufbrechen kann, so wie ich morgens von zu Hause aus zur Schule aufbreche. Aber wenn der Himmel kein Ort ist, was ist er dann?

Max und Anika haben den Himmel als das Paradies beschrieben, das sie nach dem Tod erwarten. Mit Paradies verbinden sie wohl was ganz Positives. Im Paradies, also im Himmel, da ist die Welt heil, da stimmen die Beziehungen zwischen den Menschen, da gibt es keine Gewalt.

Biblisch gesprochen: Gott ist im Himmel. Umgekehrt könnte ich dann aber auch sagen: Der Himmel ist da, wo Gott ist. Und so habe ich auch meine beiden Schüler verstanden: Wo Gott ist, da ist die Welt heil, da stimmen die Beziehungen zwischen den Menschen, da gibt es keine Gewalt. Das ist der Himmel.

Musik II: Bryan Adams: Heaven

Wo Gott ist, da ist die Welt heil, da stimmen die Beziehungen zwischen den Menschen, da gibt es keine Gewalt. Das ist dann der Himmel.

Etwas davon müssen bereits die Anhänger Jesu zu seinen Lebzeiten gespürt haben.

Jesus war einer, der nicht nur so von Gott redete. Sondern wenn er redete, dann konnten die Jünger spüren: Hier begegnen wir Gott. Wenn Jesus Menschen heilte, dann erfuhren die Jünger: So muss der Himmel sein.

Und wenn sich im Reden und Tun Jesu Gott selbst zeigt und mitteilt, dann war für die Jünger Jesu auch klar: Jesus selbst kann nach seinem Tod und seiner Auferstehung nur dort sein, wo Gott ist – und das ist Himmel, Paradies. So gesehen bedeutet Christi Himmelfahrt: Jesus kehrt dahin zurück, wo er hingehört, zu Gott.

Und diese Vorstellung muss für die ersten Jünger doch toll gewesen sein. Wenn Jesus jetzt bei Gott ist, wenn Jesus jetzt im Himmel ist, dann ist das doch der Jesus, den sie persönlich kannten, den sie gehört und erlebt hatten. Mit dem sie gegessen und getrunken hatten, mit dem sie gelacht hatten. Dieser Jesus, der immer für Überraschungen gut war, der noch verzeihen konnte, wo andere keine Chance mehr sahen, der an das Gute im Menschen glaubte und deswegen mit Halsabschneidern und Prostituierten umging. Dieser Jesus, der war ihnen vertraut. Und der war jetzt bei Gott im Himmel. Anders formuliert: Der Himmel, das Paradies hat ein Gesicht bekommen: Jesus. Und etwas weiter gedacht: In den Himmel zu kommen, bedeutet für die Jünger jetzt, wieder mit Jesus zusammen zu sein. Nach dem Tod in den Himmel zu kommen, bedeutet, von einem Freund empfangen zu werden: Da will ich sein, wo auch mein Freund ist!

Musik III: Eric Clapton: Tears in heaven

In den Himmel zu gelangen, weil dort ein Freund ist, der auf mich wartet. Der Gedanke ist für mich tröstlich. Jesus erwartet mich, weil alles gut wird im Himmel. Trotzdem treibt mich nicht die Sehnsucht an, jetzt schon in den Himmel zu kommen. Da gehöre ich jetzt noch nicht hin, denn ich lebe noch, hier und jetzt. Es gibt schließlich ein Leben vor dem Tod. Wo gehöre ich also jetzt hin? Gibt es vor dem Tod auch einen Himmel? Wo lässt sich der Himmel denn hier und jetzt schon finden?

Mir ist eine Geschichte sehr hilfreich, um eine Antwort darauf zu geben, wo der Himmel denn im Leben ist: Es waren zwei Mönche. Die lasen in einem alten Buch, dass es am Ende der Welt einen Ort geben soll, wo sich der Himmel finden lässt. Um an den Ort zu gelangen müsse man eine Tür finden, an der brauche man nur anzuklopfen. Sie beschlossen also diesen Ort zu suchen, und nicht umzukehren, bis sie ihn gefunden hätten. Sie verließen also ihre Mönchszelle, durchwanderten die Welt und bestanden zahlreiche Gefahren. Sie ließen sich nicht von ihrem Ziel abbringen. Endlich fanden sie die Tür. Sie klopften an und als sie sich öffnete, standen sie zu Hause in ihrer Mönchszelle. Und da begriffen sie: Der Ort, wo sich der Himmel finden lässt, befindet sich auf der Erde an der Stelle, wo ich gerade bin.

Wenn der Himmel da ist, wo Gott ist, dann kann ich ja da, wo ich lebe, schon mal den Himmel finden. Ich glaube, dass das geht. Für mich sind das Momente himmlischer Erfahrung: Die ersten Worte meiner Kinder, Trost im Kummer, die Umarmung meiner Frau, als ich von meiner Krebserkrankung erfuhr. Alles Erfahrungen, in denen ich spüre, dass es in einer unheilen Welt doch noch Heil zu finden ist.

Was mir seit diesen Erfahrungen auch immer wichtiger geworden ist: Ich kann nicht nur den Himmel entdecken, ich selber kann auch Himmel für andere sein, den Himmel auf die Erde bringen. Da wo ich nämlich im Sinne dieses Jesus handele, da ist der Himmel. Oder ganz einfach: Da wo ich mich anderen zuwende, da geschieht Himmel.

Musik IV: Udo Lindenberg: Hinterm Horizont geht’s weiter

Die Apostelgeschichte erzählt, dass bei der Himmelfahrt Jesu die Jünger in den Himmel starrten. Dann seien Engel erschienen und hätten gefragt: Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Es geht nicht um den Blick nach oben, in den Himmel. Christi Himmelfahrt – das ist für mich ein Fest, das die Blickrichtung verändert. Es geht um den Blick auf die Erde, zu den Menschen, die mich umgeben. Es klingt paradox aber es ist richtig: Christi Himmelfahrt, ist ein Fest, das mich erdet.

Einen schönen freien Christi Himmelfahrtstag wünscht Ihnen aus Duisburg Hermann-Josef Grünhage.

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