Bitte nicht entzaubern

In der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, gibt es so eine … ja, wie nennt man das? Es ist sowas wie eine Redewendung. Man sagt da nicht, „der Michael Thiedig hat dies und das gesagt“, sondern: „Thiedigs Michael hat jesacht, …“

Wenn man da sagen würde: „ich geh zu Fritz Sondermann“,

dann würde vermutlich keiner wissen, wohin man will.

Wenn ich aber sag: „Ich geh zu Sondermanns Fritz“,

dann ist alles klar, denn den kennt da jeder!

Ist ja auch irgendwie charmant und halt so ´ne Eigenart der Olper.

Auch wenn der Unterschied zwischen diesen beiden Redeweisen jetzt nicht so wahnsinnig groß ist, ich persönlich – ich mag das eigentlich nicht.

Ich bin lieber Michael Thiedig, als Thiedigs Michael, denn die Formulierung „Thiedigs Michael“ verleitet mich dazu zu denken: Ach – das ist der da aus diesem Stall.

So als wenn man die Persönlichkeit dieses Menschen komplett „haben“ und „festhalten“ könnte.

Was ich eigentlich meine, möchte ich mal von dieser Redewendung und auch von meiner Person lösen:

Auch wenn wir unsere komplette DNS entschlüsseln, wenn wir unseren Körper vermessen und analysieren, Stammbäume bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen und aufzeichnen, Blutgruppen bestimmen und alle biologischen Daten erfassen, …

haben wir doch niemals verstanden, wer wir wirklich sind. Denn mit jedem Menschen begegnet uns etwas – im wahrsten Sinne des Wortes: Wunderbares.

Jeder von uns ist ein einmaliges Wunder, das wir nie ganz verstehen oder glasklar definieren oder festhalten können. Das, was wir wirklich sind, lässt sich nicht einfangen oder eintüten und beschriften.

Jeder von uns ist wirklich ein einmaliges Wunder.

Und ich möchte dafür werben, dass wir uns selbst nicht „entzaubern“.