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Kirche in WDR 5 | 03.05.2019 | 06:55 Uhr
Der Splitter im Auge eines Bruders
Der
Splitter im Auge eines Bruders
Ich bin sicher nicht der Einzige, für den Bahnfahren hin und wieder zum Ärgernis wird. Aber kürzlich kam ich über meinen Ärger auf die Bergpredigt.
Aber alles der Reihe nach.Zunächst: Mein Ärger hatte nichts mit Verspätungen zu tun.
Nein, ich ärgere mich oft darüber, wie Fahrgäste ihren Sitzplatz hinterlassen:leere Kaffeebecher, zerpflückte Zeitungen und sonstiger Abfall.Ich habe keine Lust erst einmal Müllmann zu spielen, bevor ich mich hinsetzen kann. Denjenigen ansprechen, der den Müll hinterlassen hat, geht schlecht, weil er ja bereits ausgestiegen ist. Und auch wenn ich sehe, dass da jemand neben mir seinen Platz vermüllt hinterlassen will, schlucke ich meinen Ärger meist runter.Ich will
dann keine freche Reaktion riskieren.
Dabei ist für mich ein Satz aus der Bergpredigt von Jesus ganz zentral: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“ (Mt 7,1)
Jesus macht hier sehr deutlich, dass jeder, der richtet, damit rechnen muss, dass sein Verhalten auf ihn selbst zurückkommt.
Und Jesus setzt noch einen drauf (Mt 7,4 -5):
Sprecher:„Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! - und siehe, in deinem Auge steckt ein Balken! Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen!“Worum geht es Jesus? Der Theologe Ulrich Luck spricht hier von einer »besseren Gerechtigkeit«.
Sie hält den anderen in Vergebung aus und öffnet sich ihm.
Sie ruft dazu auf, zuerst der unbequemen Wirklichkeit des eigenen Lebens ins Auge zu sehen.
Und bevor ich mich dem anderen zuwende, soll ich zuerst das eigene Tun auch ändern.
Es geht also um ein gewandeltes Miteinander.
Und wem das alles zu fromm klingt, kann es mit Regeln der Gesprächsführung ausdrücken:
Wenn Du Kritik äußern willst, dann schaffe eine Win-Win Situation.
Gestalte Deine Kritik so, dass der andere sie annehmen kann!
Lass den anderen nicht blöd dastehen!
Und überlege Dir gut, wie Du Dich in der Situation verhalten hättest.
Ich hoffe jedenfalls, dass ich den jungen Mann am Gleis noch einmal treffen werde.
Ihnen wünsche ich einen Tag ohne Ärger!
Ihr Peter Krawczack aus Düsseldorf