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Kirche in WDR 5 | 24.05.2021 | 06:55 Uhr
Ela
Ein Pfingstturm biblischen
Ausmaßes. Noch nie erlebt? Dann haben Sie vielleicht schon vergessen, was heute
vor 7 Jahren für ein Pfingstmontagunwetter über uns kam. Zu Pfingsten herrschten
2014 in Deutschland extrem hohe Temperaturen weit über 30 Grad. In den
Wettervorhersagen wurde für den Pfingstmontag vor schwerem Unwetter gewarnt.
Und tatsächlich zog es sich bereits am Mittag zu und es brodelte vereinzelt in
der schwülen Luft. Doch dann löste sich alles in Wohlgefallen auf und es schien
so, als sei kein Unwetter mehr zu erwarten – bis zum Abend. Ich erinnere mich
noch genau, wie ich abends beim Joggen eine gewaltige Front – das
Tiefdruckgebiet Ela – von Südwesten herannahen sah. Auf den letzten Kilometern
nach Hause hörte ich auch, wie sich die Luft über mir zu entladen begann. Es
knisterte schon bedrohlich. Und dann ging alles ganz schnell. Aus mehreren
Fronten baute sich ein Gewitterkomplex auf, der in den Abendstunden vor allem
über das Rheinland und das Ruhrgebiet hinweg zog und eine Schneise der
Verwüstung hinterließ. Am Ende waren sechs Tote, zahlreiche Verletzte und ein
Sachschaden von 650 Millionen Euro zu beklagen. Man sprach vom schlimmsten
Unwetter in Nordrhein-Westfalen seit dem Orkan Kyrill sieben Jahre zuvor. Jetzt könnte man ins Rechnen
kommen: Alle sieben Jahre ein schweres Unwetter in NRW….aber ich bin da nicht
abergläubisch. Dennoch: Unwetter gehören dazu – so schlimm das auch ist. Die
Schäden zeigen die ganze Hilfslosigkeit des Menschen vor Naturgewalten. Falls
Ela auch ihr Haus, Ihren Garten zerstört hatte vor sieben Jahren, werden Sie
genau wissen, was ein Pfingststurm sein kann. Natürlich ist ein Sturm
bedrohlich. Auch wovon die Bibel schreibt, klingt erst einmal nach Sturmtief
„Da entstand auf einmal vom Himmel her ein Brausen", heißt es dort. Der
Pfingststurm ist also nicht nur etwas Schönes, Erhabenes. Auch in meiner Kirche geht
es – weiß Gott – derzeit eher bedrohlich stürmisch zu. Das gab es immer wieder
in der Kirchengeschichte. Oft auch selbstverschuldet,
wenn ich zum Beispiel an die derzeitigen
Skandale in Bezug auf sexualisierte Gewalt denke. Aber ein Gewittersturm hat
auch eine reinigende Wirkung. Vor sieben Jahren war die Luft nach dem Unwetter
viel angenehmer, es hatte sich merklich abgekühlt und man konnte im Gegensatz
zu vorher wieder richtig durchatmen. Und so gibt es auch im
Zwischenmenschlichen immer mal wieder ein reinigendes Gewitter, wenn der Ärger
und der Frust, der sich angestaut hat, einfach mal raus muss. Auch in Kirche
und Gesellschaft ist das so. Schade ist es dabei natürlich um das Porzellan,
das dabei zerschlagen wird und auch so manch anderes geht dabei kaputt. Daher
ist es auch wichtig, nach dem großen Knall die Schritte der Versöhnung und des
sich Arrangierens zu wagen. Also das Aufräumen nach dem großen Knall, der Mut
zu sagen, ich habe Mist gebaut, ich habe überreagiert oder ich habe mich
verletzt gefühlt. Diesen Mut des Aufeinander
Zugehens nach einem reinigenden Gewitter, den wünsche ich mir nicht nur in
meiner Kirche. Kommen Sie gut in diesen Pfingstmontag und möglichst versöhnt
wieder heraus, sagt Ihnen Ihr Jan Hendrik Stens aus Köln.