Geschenk

„Ey, schenkst du mir ein bisschen was?“, fragt der Mann, der direkt vor dem Ausgang der Post auf einem Stück alter Pappe sitzt. Sein Hund direkt daneben. Gepflegt, beide.

„Kommt ein bisschen drauf an. Woran denkst du?“ Frage ich. Erstaunt schaut er mich an. Ich schätze mal, er meint Geld – aber wenn, dann kann er das ja sagen. Eine erstaunlich lange Pause entsteht, er denkt nach und sagt dann schließlich mit einem kleinen Grinsen und großen Fragezeichen in den Augen „Ein bisschen Zeit“.

Das finde ich toll und ich setze mich zu ihm. Wir unterhalten uns, stellen uns vor, stellen Fragen. Nach rund 30 Minuten muss ich kurz zum Auto die Parkuhr verlängern – erstaunlich, dass es mir heute passt – eigentlich will man ja nur mal schnell zur Post. Ja, dieser Mann auf der Pappe vor der Post war echt interessant. Ich kenne seinen Namen, seine Geschichte, er kennt meine. Viel haben wir nicht gemeinsam, aber nun eine knappe Stunde Zeit, eine knappe Stunde gemeinsame Geschichte. Das ist wertvoll. Für uns beide.

Zeit für- und miteinander in einer Welt, in der jeder seinen Dingen nachgeht und andere gern schon mal ausblendet. Es geht um das Wahrnehmen, gesehen und angehört zu werden – sich selbst nicht immer zu wichtig zu nehmen und das, was uns im Heute zur Verfügung steht, einfach mal teilen.

Sprecher: Daniel Schneider