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Kirche in WDR 4 | 18.10.2019 | 08:55 Uhr
Glaube und Wissenschaft
Für Kinder ist klar: Geschichten sind wahr, natürlich auch Märchen. Wer stirbt, kommt in den Himmel, wohin auch sonst. Später ändert sich das. Die Naturwissenschaften erklären die Welt, nicht mehr die Geschichten der Bibel. Oder doch beide?!
Wir in der Kirchengemeinde hier in Höhenberg-Vingst, wir bemühen uns, den Kindern die Welt zu erklären auf beiderlei Weise. Zum Beispiel, als es in der Lesung im Gottesdienst hieß: die Sterne fallen vom Himmel beim Untergang der Welt. Wie ist das gemeint? Eine Küchenplatte hilft bei der Erklärung. Darauf Playmobilfiguren und ein Holzhäuschen. So stellten sich die Menschen damals die Welt vor: eine Platte von Wasser umgeben. Darüber der durchsichtige Deckel, Sterne aus Goldpapier draufgeklebt. Die fallen logischerweise runter auf die Erde, wenn alles rappelt, am Ende der Welt. So also, Kinder, sah das alte Weltbild zurzeit Jesu aus und noch lange danach. Für die Erwachsenen ist interessant: Mit dem Untergang der Welt ist gemeint die Zerstörung der Stadt Jerusalem und des Tempels im Jahr 70 nach Christus. Und heute, wie sehen wir die Welt?
Auch das ist Thema beim Familiengottesdienst:
Auf dem Altar steht ein großes gemaltes Bild: die Sonne. Ich halte einen
riesigen Ball in den Händen. Darauf ist die Erde zu sehen, ein aufblasbarer
Globus. Natürlich lachen da die Kinder: wenn ihr Pastor mit der Weltkugel vor
ihnen steht.
Dann laufe ich einmal um
die Sonne, also um den Altar: ein Jahr. Ich drehe mich um mich selbst: ein Tag.
Nun kommt noch ein Messdiener dazu: der Mond. Er braucht 27 Tage, um die Erde
zu umrunden. Alle haben Spaß daran, was sich da um den Altar bewegt. Aber warum
nicht Spaß daran haben? Wenn die Kirche zeigen kann, dass Wissen erwerben und
Glauben lernen eine Freude ist – dann tut sie einen riesen Dienst. Vor allem
gelingt es in der Kirche, den Kindern zu zeigen, dass Naturwissenschaften und
Religion sich nicht ausschließen. Sie beide erklären die Welt, aber auf eine
unterschiedliche Weise. Geschichten sind genauso vernünftig wie Experimente.
Geschichten erzählen uns Beispiele, wie wir leben können. Experimente zeigen
uns, wie die Welt funktioniert.
Klar, die Kinder sollen erfahren: Keiner muss glauben. Aber: Glauben ist auch nicht unvernünftig. Ob sie den Glauben auf Dauer annehmen, ist dann eine Frage der Freiheit, nicht der Vernunft.