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Kirche in WDR 5 | 09.06.2021 | 06:55 Uhr

Internationaler Tag der Archive

Guten Morgen!

In meinem Kloster hier in Duisburg-Hamborn haben wir ein eigenes Klosterarchiv. Das wird heute am internationalen Tag des Archivs zwar nicht eigens geöffnet, dafür ist es zu unbedeutend, und dieser Welttag wird hierzulande auch kaum begangen. Aber so ein Archiv ist doch wichtig, daher der heutige Gedenktag. Immerhin lassen sich aus Archivbeständen geschichtliche Zusammenhänge erkennen. Sie sind wichtig für die Gestaltung der Zukunft. Hier in unserem Klosterarchiv befinden sich zum Beispiel Urkunden über die Gründung des Klosters, Verträge über den Erwerb von Grundbesitz, Anstellungsverträge, Sterbeurkunden oder auch die Profess-Urkunden – auch meine. Die Profess-Urkunde ist das niedergeschriebene Versprechen, das jeder Mitbruder abgelegt hat, als er sich an das Kloster gebunden hat. Da versprach jeder Mitbruder Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam und Leben im Kloster an einem bestimmten Ort. Das ist bei mir schon fast 35 Jahre her. Damals war das Versprechen – wie üblich – zunächst auf drei Jahre festgeschrieben. Unterzeichnet haben die Urkunde der damalige Abt und ich. Man könnte sagen: Wir haben damals einen Vertrag geschlossen. Und nach drei Jahren wurde der verlängert und eine neue Urkunde ausgestellt, dann allerdings auf Lebenszeit. Das kann man vergleichen mit einer Trauung, wo man sich auch auf Lebenszeiten bindet – zumindest im kirchlichen Bereich, wenn es heißt: „Bis dass der Tod uns scheidet.“ Da gibt es ja dann auch eine Urkunde, die das Versprechen bestätigt.

Ich muss zugeben, ich habe mir seit meiner Profess vor fast 35 Jahren nie mehr meine Profess-Urkunde angeschaut. Auch nicht die Urkunden und Verträge, die im Laufe der Zeit dazugekommen sind: Urkunden über Studienabschlüsse und Ernennungen zum Pfarrer, zum Lehrer oder zuletzt zum Rundfunkbeauftragten in Nordrhein-Westfalen beim WDR. Aber sie gehören alle zu meinem Leben und markieren Lebensabschnitte, wann etwas begonnen oder auch aufgehört hat. Deswegen passt ja auch der Name Archiv als Aufbewahrungsort solcher Urkunden: Das Wort „Archiv“ kommt nämlich aus dem Griechischen und hat mit Anfang zu tun. Was habe ich nicht schon alles angefangen und wird bis heute als Dokument im Klosterarchiv verwahrt?

Dabei sind das ja nur die großen und offiziellen Dinge aus meinem Leben. Wie aber steht es um die vielen kleinen Dinge, die mich geprägt haben – ohne gleich festgeschrieben und dokumentiert worden zu sein? Begegnungen, die mich geprägt haben, all das, was ich gesagt und getan habe und damit vielleicht andere berührt, geprägt oder auch verletzt habe. Das wären im wahrsten Sinne des Wortes „Ur-Kunden“ – also Botschaften – für das persönliche oder auch intime Archiv meines Lebens. Vieles habe ich natürlich vergessen und taucht in meinem persönlichen Lebensarchiv nicht mehr auf, hat aber existiert. Anderes ist mir immer noch sehr präsent: der erste Kuss, die eine oder andere Notlüge, Erfolg und Versagen, Schönes und Unangenehmes.

Manches von dem möchte ich lieber verdrängen, anderes dagegen baut mich immer noch auf. Alles aber gehört zu meinem persönlichen Lebensarchiv dazu. Und manchmal hilft es mir, das eine oder andere hervorzuholen, mich zu erinnern, darüber zu sprechen und es wieder zurückzulegen. Dabei weiß ich, dass ich das Vergangene nicht ändern kann, aber vielleicht etwas für meine Zukunft erkenne. Denn dafür sind Archive doch letztlich da, dass man aus den Ur-Kunden des Vergangenen etwas lernt, um neu anzufangen. Dabei ist mir eines sehr wichtig: Auch wenn mein persönliches Lebensarchiv – so wie jedes Archiv auch – immer unvollständig bleibt, weil gute wie schlechte Dinge vergessen, verdrängt gar vernichtet wurden; ich stelle mir vor, dass alles, was geschehen ist, noch einmal aufgehoben und vollendet wird, sozusagen von einem Ur-Archivar, also von einem, der Ur-anfänglich ist. Und den nennt die Bibel den Logos, das Wort, die Wahrheit und Weisheit, eben die Botschaft, die schon im Anfang war.

Aus Duisburg grüßt Sie Pater Philipp Reichling.


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