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Kirche in WDR 3 | 25.08.2020 | 07:50 Uhr

Lochsteine

Guten Morgen.

An vielen Stränden von Nord-und Ostsee finden sich Lochsteine. Das Wasser und der Sand haben sie über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte hinweg bearbeitet. Und mit der Zeit haben sich an mehreren Stellen kleine Einbuchtungen gebildet. Irgendwann haben sich die winzig kleinen Höhlen dann vereint. So ist das Loch entstanden. „Licht am Ende des Tunnels“. Das fällt mir immer ein, wenn ich einen solchen Lochstein ansehe. Oder: „Unmögliches wird irgendwann doch möglich“.

Deshalb liegen diese Lochsteine als Erinnerung an den Urlaub bei uns zu Hause jederzeit sichtbar auf der Arbeitsplatte in der Küche. Wenn ich sie sehe, denke ich manchmal: „Ja, Unmögliches wird möglich. Und dieser Stein will mich daran erinnern.“

Ein Lochstein ist mir besonders wichtig, weil er nämlich kein echter Lochstein ist. Die Einbuchtungen deuten es an: Bald ist es so weit. Es fehlt nur noch ganz wenig Energie, nur ganz wenig Wasser, ganz wenig Sand. Aber dann ist der Durchbruch da, Licht am Ende des Tunnels. Es wird da sein. Das Ende des Tunnels wird bald sichtbar werden, aber noch fehlt es, noch sehe ich es nicht. Ich brauche noch Energie, ich brauche noch Durchhaltevermögen. Aber ein großer Teil ist schon geschafft.

Menschen während einer Chemotherapie fallen mir ein. Menschen, deren Arbeit für die Familie gerade die letzten Energien verbraucht. Menschen in psychotherapeutischer Behandlung. Das Ende der Anstrengung, der Erfolg ist denkbar, aber noch nicht in Sicht.

Im April, vor Ostern war irgendwann klar, dass die Coronabeschränkungen auch wieder erleichtert werden würden. Wir aber mussten noch zu Hause sitzen und durften meine Mutter im Altenheim nicht besuchen. Auch wussten wir nicht, ob wir in den lang geplanten und immer wieder herbeigesehnten Urlaub in Dänemark fahren dürften. Da dachte ich: Der Lochstein ohne Loch, das ist gerade die Realität. Das Licht am Ende des Tunnels, das muss ich mir selber denken. Ich muss mich anstrengen. Ich muss Hoffnung investieren. Ich brauche Geduld. Ich will das ja auch, aber es ist und bleibt anstrengend.

Während der Karwoche hatte die Evangelische Kirchengemeinde Hitdorf eingeladen, Hoffnungssteine auf den Boden vor der Kirche zu legen. Dazu hatten sie den Umriss von einem Kreuz auf den Asphalt gemalt. Mein Mann und ich haben unseren „Noch-nicht-ganz-Lochstein“ zu den anderen Steinen dort gelegt. Als Zeichen dafür, dass man manchmal ahnen kann, dass es auch wieder leichter wird im Leben.


Beim Spaziergang von der Kirche nach Hause habe ich mir gedacht: So müssen sich damals die Israeliten in Babylon gefühlt haben, von denen in der Bibel erzählt wird: irgendwie zu Hause, weil zumindest die zweite Generation ja schon dort geboren worden war. Irgendwie aber auch fremd, mit den Wunsch zurückzukehren in die Heimat. Irgendwie mit der Hoffnung, dass eines Tages alles gut werden würde - mit Gottes Hilfe.

Der Prophet Jeremia hat die Menschen damals aufgefordert: „Suchet der Stadt Bestes.“ Trotz allem.

Ja, es gibt viel zu tun vor Ort: Arbeit, die zu tun ist. Geduld, die aufzubringen ist. Hoffnung, die wachzuhalten ist, und Freude, die zu bemerken ist, trotz aller Anstrengung.


Uns persönlich, meinem Mann und mir und meiner Mutter, ist es gut ergangen im Verlauf des Frühjahrs. Wir durften nach langer Zeit des Winkens am Fenster meine Mutter wieder in ihrem Zimmer im Altenheim besuchen. Und wir konnten unseren Urlaub in Dänemark verbringen. Den Urlaub habe ich genutzt, um einen neuen Noch-nicht-ganz-Lochstein zu suchen. Einen Stein, bei dem man zwar schon erahnen kann, dass es bald ein Ende haben wird mit dem, was hart ist. Bei dem man aber merkt, dass im Moment noch viel Geduld nötig ist.


Einen Tag voller Hoffnung und Geduld, wünscht Ihnen,

Gerlinde Anders, Pfarrerin in Leverkusen.



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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