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Kirche in 1Live | 03.09.2021 | floatend Uhr
Schon immer so
Es gibt so Sätze, die sind für mich ein absolutes
No-Go. Da krieg ich echt Krämpfe,
„Das haben wir schon immer so gemacht.“ – ist so ein Satz. Ich weiß,
Traditionen sind wichtig. Und ich weiß auch, dass es Menschen Sicherheit gibt,
wenn sie die Spielregeln kennen – in einer Firma zum Beispiel. In meiner Kirche
wird der Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ aber viel zu oft benutzt,
um bloß nicht zuviel Veränderung zuzulassen. Die Traditionalisten, die Angst
vor der modernen Welt haben, die sagen das zum Beispiel bei den Diskussionen
rund um das Frauenpriestertum: „Jesus war schließlich ein Mann und der hat auch
nur Männer zu seinen Aposteln berufen. Und deshalb können auch nur Männer
geweiht werden. Das haben wir schon immer so gemacht.“ Also, erstmal finde ich
dieses Apostel-Argument voll schwach. Denn die Geschichten in der Bibel wurden ja
hauptsächlich von Männern weitergegeben und aufgeschrieben, und das in einer
Zeit, in der Frauen eh nicht viel zu melden hatten. Ist doch nicht
überraschend, dass Frauen da auch nicht als Apostelinnen vorkommen. Und dann
das Thema Frauenweihe: Stimmt nämlich gar nicht, dass das noch nie möglich war.
Letztens war ich in Thüringen und habe eine Infotafel über die heilige
Radegunde gelesen. Die ist schon im 6. Jahrhundert zur Diakonin geweiht worden,
genau wie viele andere Diakoninnen der frühen Kirche. Das gehörte lange ganz selbstverständlich
zum Bild von Kirche dazu, dass auch Frauen am Altar stehen. Das wurde eine
ganze Zeitlang eben „immer so gemacht“. Ich glaube, es ist viel mehr
Veränderung möglich, als uns manchmal eingeredet wird. Ich habe mir jedenfalls
vorgenommen, stärker nachzuhaken, wenn ich in meiner Kirche den Satz höre „Das
haben wir schon immer so gemacht.“
Ela Kornek, Münster