Beiträge auf: wdr5
Kirche in WDR 5 | 13.01.2025 | 06:55 Uhr
St. Knut-Tag – Weihnachten im Herzen
Am Wochenende ist unser Weihnachtsbaum aus dem Fenster geflogen. Das machen wir jedes Jahr so: am Sonntag nach dem Dreikönigsfest kommt der Schmuck runter, die Kerzen weg, und dann wird der Baum entsorgt. Aber wenn ich anderen davon erzähle, dann bekomme ich häufig etwas zu hören - und zwar ganz gegensätzlich: Was, schon jetzt? Oder: Was, erst jetzt?
In meinem Freundeskreis ist das ein echter Klassiker: Wann wird der Baum abgebaut? Einige lassen ihn bis zum 2. Februar stehen, dem Fest Mariä Lichtmess – so wie schon Oma und deren Oma davor. Andere schmeißen ihn schon kurz nach Weihnachten raus, weil er eh schon seit Ende November im Wohnzimmer steht. Natürlich ein Kunstbaum mit pastellfarbenen Kugeln. Und alle sind überzeugt, dass ihr Datum das richtige ist. Wann der Baum abgebaut wird und Weihnachten damit zu Ende ist.
Vielleicht ist dieser Streit auch schon so alt wie der Weihnachtsbaum selbst. Den gibt es ja erst seit dem 15. Jahrhundert. Die Frage, wie lange Weihnachten geht, die ist allerdings noch viel älter.
Ich denke da an Knut den Heiligen, einen dänischen König im 11. Jahrhundert. Dem ist wohl irgendwann die Hutschnur geplatzt: Er hatte vermutlich die Nase voll von den endlosen Diskussionen, wann Weihnachten nun wirklich vorbei ist, und hat kurzerhand entschieden: Weihnachten dauert 20 Tage. Am 13. Januar, also dem heutigen Tag, ist Sense mit Weihnachten. Und so gibt es in Schweden, Norwegen und Finnland bis heute den „Sankt Knut-Tag“, an dem traditionell die Weihnachtsbäume abgeschmückt werden – weil ja da Weihnachten für beendet erklärt wurde. Problem gelöst – zumindest in Skandinavien.
Aber mal ehrlich: Wann ist Weihnachten denn jetzt wirklich vorbei? Da wird es spannend. Denn für manche endet Weihnachten mit dem letzten ausgepackten Geschenk, für andere mit dem letzten Plätzchen, und wieder andere sagen: Weihnachten endet nie. Ich halte es da mit Charles Dickens, der in seiner berühmten Weihnachtsgeschichte von Ebenezer Scrooge erzählt. Der ist ein alter Geizhals, der Weihnachten für Firlefanz hält und seinen Angestellten für so ein sentimentales Fest nicht einmal einen Tag freigeben will. Erst die Begegnung mit drei Geistern öffnet ihm die Augen für das, was wirklich zählt. Am Ende dieser wunderschönen Geschichte kommt Scrooge zu der Einsicht: Weihnachten ist weit mehr als eine Feier oder ein besonderes Datum. Es ist eine Lebenseinstellung.
Das finde ich wunderbar: Weihnachten endet nie – jedenfalls nicht, solange ich nicht will, dass es endet. Weihnachten ist nicht nur der Baum, der Schmuck oder das Fest. Weihnachten ist die Botschaft, dass Gottes Liebe in diese Welt gekommen ist – in einem kleinen Kind in der Krippe. Es ist die Verheißung von Frieden und von Gerechtigkeit, die auf der Welt an so vielen Orten fehlen. Weihnachten ist die Hoffnung, dass wir als Menschen besser, barmherziger und liebevoller miteinander umgehen können. Und diese Botschaft, die endet nie; mehr noch: die sollte jeden Tag auch gelebt werden!
Also Sankt-Knut-Tag hin oder her: Ob der Baum schon lange weg ist oder noch bis zum Fest Maria Lichtmess am 2. Februar steht, spielt keine Rolle. Denn Weihnachten wird dann lebendig, wenn wir es nicht nur feiern, sondern leben; wenn wir ein bisschen von dem Frieden, der uns in der Weihnacht verheißen wurde in unseren Alltag bringen. Und dass das aufhören soll, das kann auch kein Knut von Dänemark festlegen.
Also, wie wäre es? Weihnachten nicht enden lassen, sondern das ganze Jahr über Frieden schaffen. Dann ist das Fest der Liebe nie vorbei.
Ihr Gerald Mayer aus Köln.