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Kirche in 1Live | 27.10.2014 | floatend Uhr
Die beste Rache
Mit meinem Chef Max habe ich vor zehn Jahren zusammen Abitur gemacht.
Er war an der Schule nicht beliebt. Er wurde geärgert, war ein richtiger Außenseiter. Ein Nerd mit Hornbrille und Hochwasserhosen. Das „wandelnde Klischee“. Kaum eine seiner Äußerungen blieb ohne bösen Kommentar. Und in der Pause blieb es nicht immer nur bei Worten. Auch ich habe mich nicht zurückgehalten.
Heute ist Max mein Gruppenleiter. Jedes neu entwickelte Teil muss zunächst mal ihm gefallen. Das war am Anfang ganz schön komisch für mich. Auch wenn er mich eigentlich nicht anders behandelte als die andern - ich hatte trotzdem immer das Gefühl, dass unsere Vergangenheit noch eine Rolle spielte.
Neulich habe ich mich dann mal getraut und ihn drauf angesprochen. Ich fragte ihn, ob er nicht sauer auf mich sei. Ja, sagte er, er könne die Zeit nicht vergessen. All die Schulhofschläge und blauen Flecken. Die Ratschläge der Lehrer, er solle sich halt auch mal wehren. Das Gesicht seiner Mutter, wenn er nach Hause kam.
Aber die Wunden heilen, sagt Max. Zur Schulzeit war er sauer. Wäre am liebsten weit weg gezogen. Er hat sich vorgestellt, wie er seine Peiniger zusammenschlägt. Er wollte Rache.
Doch im Studium hat sich das geändert: Er fand Freunde und eine Freundin. Einer seiner Profs hat ihn so richtig gepusht – das war, was er brauchte: Ein bisschen unvoreingenommenen Support. Endlich konnte er seine Stärken ausprobieren.
Der Freak von damals hat sich langsam das Leben wieder geholt.
Heute sagt Max: Die beste Rache ist ein gutes Leben.
Sprecher: Daniel Schneider
Dieser Beitrag ist inspiriert durch das Lied „Nur einmal rächen“ von Marcus Wiebusch.
