warten

„Stell dich bei Dämmerung vor ein großes Wohnhaus und warte, bis elf Fenster erleuchtet sind.“ Das schlägt mein Adventskalender vor. Jeden Tag gibt er mir eine Aufgabe, eine seltsamer als die andere, aber alle drehen sich ums Warten. Im normalen Leben kann ich gar nicht gut warten. Da bin ich ungeduldig. Aber das hier, das reizt mich. Es klingt so absurd. Also versuche ich es. Stelle mich an Straße und warte.

Ich rieche den Regen. Nichts geschieht. Warum stört es mich so, wenn ich nichts tun kann? Ich müsste wohl beim Warten, beim Nichtstun tatsächlich innehalten. Dann käme ich auf andere Gedanken, vielleicht sogar ins Träumen.

Worauf also warte ich? Auf Weihnachten, klar. Abends um elf in der Kirche all die andern wiedertreffen, die auch nach Hause gekommen sind. Glühwein trinken, quatschen, lachen. Mir fällt noch mehr ein: Ich warte darauf, dass meine Freundin gesund wird. Im Job erwarte ein wenig mehr Wertschätzung für das, was ich tue. Vielleicht mal eine neue Aufgabe.

Ich fange an zu sortieren: Für manches kann ich selber was tun, bei anderen Sachen brauche ich Geduld. So wie hier draußen im Nieselregen. Inzwischen sind acht Fenster hell. Die drei schaffe ich auch noch. Und dann gehe ich nach Hause und mache überall zur Straße hin das Licht an. Vielleicht steht ja irgendwo noch jemand und wartet.

Sprecherin: Alexa Christ