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Kirche in 1Live | 30.09.2015 | floatend Uhr
Nah ran
Mein neues Hobby ist Fotografieren. Ich habe eine alte Spiegelreflex geerbt und will das jetzt ordentlich lernen. so richtig mit ISO und Brennweiten und so. Ich bin überhaupt nicht der Typ für ruhige Landschaftsaufnahmen oder gestellte Porträts, aber ich stehe total auf Street Photography: Bilder, die Menschen in ihrer alltäglichen Umgebung zeigen. So eine Edelversion von Schnappschüssen. Und manchmal packe ich meine Kamera und ziehe einfach los, stelle mich an irgendeine Straßenecke. Und schieße los. Es kostet ganz schön viel Überwindung, fremde Leute einfach so zu fotografieren. Manchmal würde ich am liebsten mein Teleobjektiv rausholen und einfach ranzoomen. Aber so läufts nicht. Sagen alle, die Ahnung davon haben: Man kann Nähe nicht vortäuschen, und ich hab’s echt versucht. Aber man sieht es irgendwie auf den Bildern, die sind nichts. Man muss nah ran gehen, muss Kontakt kriegen, wenn man was von den Leuten will. Also spreche ich sie an, manchmal vorher, manchmal hinterher. Wahrscheinlich ist das immer im Leben so. Mit der Nähe. Und auf einmal verstehe ich, warum man sagt, dass Gott Mensch geworden ist. Weil man vielleicht auch aus dem Himmel raus nicht so gut zoomen kann. Und stattdessen wie Jesus auf die Leute zugehen muss. Ohne Kamera, aber mit offenen Augen. Ganz nah.
Sprecher: Daniel Schneider