Wiedergeburt

Letzten Donnerstag hat er wieder bei mir geklingelt. Donnerstags fährt Gott nämlich immer in die Stadt zum Einkaufen. Und dann macht er einen Zwischenstopp. Wir trinken eine Tasse Kaffee und reden über ihn, mich und die Welt. „Sag mal“, frage ich ihn, als er sich auf die Küchenbank gesetzt hat, „wie ist das eigentlich mit der Wiedergeburt? Gibt es sowas?“

„Ich hab´ tatsächlich mal darüber nachgedacht“, sagt Gott. „Noch bevor ich die Zeit und die Welt erschaffen habe. Aber dann habe ich die Idee wieder verworfen.“

Natürlich war ich jetzt neugierig. „Verworfen? Warum?“

„Zu viel Verwaltungsaufwand“, schmunzelt er. „Ich hätte dann ja immer, wenn ein Leben auf der Erde zu Ende geht, alles bis ins Detail prüfen müssen. Ich meine, was einer so getan und gelassen hat. Gute Taten, schlechte Taten. Wie gut und wie schlecht. Sie sind ja nicht alle gleichbedeutend. Und dann hätte ich einen riesigen Bewertungskatalog gebraucht.

„Ja, das leuchtet mir ein. Und wie funktioniert das jetzt?“

„Ziemlich einfach. Ich habe für jeden nur noch eine weitere Geburt vorgesehen. Und damit ist es dann auch gut. Weil du dann nämlich direkt ins himmlische Leben geboren wirst.“

„So ganz ohne Katalog und so“, frage ich. „Ohne Katalog. Wohl aber mit einer Messlatte. Meine größte und beste Erfindung überhaupt. Auf ihr habe ich nur zwei Skalenwerte eingetragen. Nämlich meine Liebe und meine Geduld. Und wie du weißt, sind beide riesengroß ... Obwohl ... Gibt´s denn heute gar keinen Kaffee bei dir?“

Sprecherin: Alexa Christ