Enttäuschung am Gipfel

Ist das anstrengend! Ich merke wie mein Herz anfängt zu rasen, mein Atem wird flacher, Schweiß sammelt sich auf meiner Stirn. Wer ist eigentlich auf die wahnwitzige Idee gekommen, auf diesen steilen Berg zu wandern? Meine Füße sind schwer wie Blei. Und sprechen wir besser nicht von meinem Rucksack. Mein Nacken schmerzt und meine Oberschenkel brennen. Toller Urlaub.

Und wehe dort oben auf dem Gipel erwartet mich kein kühles Radler! Oder noch besser: eine große Portion Kaiserschmarrn, eine urige Hütte und eine bequeme Bank, auf der ich meine geschundenen Füße hoch lagern kann.

"Gleich haben wir es geschafft!" ruft unser Bergführer. "Jippieh!" rufe ich innerlich und wundere mich über den plötzlichen Energieschub, der meinen Körper erfasst. Was die nahe Aussicht aufs Radler doch alles bewirkt.

Ich biege um die letzte Kurve und erblicke - nichts. Nada. Niente. Wiese. Gras. Keine Hüttte. Keine Bank. Und erst recht kein kühles Radler. Ich fluche. Und dafür habe ich mich jetzt stundenlang hier rauf gequält?

"Ist das nicht atemberaubend schön hier?" unser Wanderguide hat leuchtende Augen.

Ich lasse mich enttäuscht ins Gras fallen.

Wie oft habe ich mich schon auf etwas gefreut, was dann doch nicht eingetreten ist? Wie oft schon hatte ich große Erwartungen, die am Ende doch nie erfüllt wurden? Habe ich mir durch meine eigenen Ansprüche von vornherein das Ergebnis kaputt gemacht?

"Gipfel-Snickers?" unser Guide hält mir einen Schokoriegel vor die Nase. Dankbar nehme ich ihn an. Forrest Gump hätte jetzt wohl gesagt: „Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel. Man weiß nie, was man kriegt.“ Ich sage: noch nie hat mir hat ein Schokoriegel so gut geschmeckt.

Katrin Achterfeldt, Düsseldorf