Häppchenweise

"Gute Dinge soll man stets häppchenweise genießen." Klingt wie n‘ Spruch aus der Kochzeitschrift? Ist er auch. Ich liebe es, Rezepte zu sammeln und, ja: ich lese auch die ollen Küchenweisheiten. Aber: das ja auch was dran, an der Sache mit dem häppchenweise-Genießen.

Und ich frag mich: warum das so schwer fällt. Das mit dem „gute Dinge soll man stets häppchenweise genießen“ ist doch ein frommer Wunsch. Meist heißt es aber: schlingen, nicht schlemmen. Schnell die Sache verdrücken und weiter geht es.

Kann es sein, dass die meisten einfach nicht mehr wissen, was wirklich gut ist?

Ich mein, früher galt schon ein Senf-Ei als ganz was Feines. Das war ein Leckerbissen! Heute muss es mindestens was mit Trüffel sein. Vielleicht wissen die Leute gar nicht mehr, die Dinge häppchenweise zu genießen, weil ihnen das Gute einfach mit einer zu hohen Schlagzahl um die Ohren fliegt. Ich kenne das bei mir nicht nur in Bezug aufs Essen.

Tausend Dinge mache ich gleichzeitig und am liebsten sofort: In Kontakt sein mit allen, immer auf allen Kanälen gleichzeitig, und die Momente des Lebens verschlingen. So kommt es mir manchmal vor und mir macht das sogar Stress. Und dabei übersehe ich oft, wie gut dieses Leben eigentlich ist.

Also: zurück zur Küchenweisheit. Um das Gute wieder mehr zu entdecken, sollte ich die ganzen schönen und besonderen Momente in meinem Leben auch mal lieber häppchenweise genießen. Ich sollte mich lieber an zwei, drei Nachmittagen in Ruhe zum Quatschen in der Stadt treffen, anstatt mir drei Kaffee-Dates direkt hintereinander zu hängen und am Ende auch keinem meiner Freunde gerecht zu werden. Gerade Freundschaften sollten keinen Stress machen – denn sie gehören definitiv zu den guten Dingen im Leben. Ich arbeite noch dran, an diesem häppchenweise Genießen. Aber ich glaube, das lohnt sich.

Ela Kornek, Münster