Frau König

Letzten Donnerstag hat er wieder bei mir geklingelt.

Donnerstags fährt Gott nämlich immer in die Stadt zum Einkaufen.

Und dann macht er einen Zwischenstopp.

Wir trinken eine Tasse Kaffee und reden über ihn, mich und die Welt.

„Hast du eigentlich Nachbarn?“ frage ich ihn, als er sich an den Tisch gesetzt hat.

„Ja, neben mir wohnt Elvis, aber der ist fast nie da!“

„Hast du ein Glück, neben mir wohnt Frau König. Die ist immer da. Egal, wie leise ich durchs Treppenhaus schleiche, schwupp, geht die Tür auf und ich muss mir ihr Gejammer anhören. Auf jeden Fall ist sie selbst auch kein Unschuldslamm. So wie die immer über andere herzieht.“

„Und was meinst du, warum sie sowas macht?“ fragt Gott.

„Keine Ahnung. Vielleicht, weil sie total verbittert und frustriert ist?!

„Verstehe“, sagt Gott nachdenklich. „Und wie steht es mit dir? So ganz entspannt scheinst du ja auch nicht zu sein.“

„Auf jeden Fall fühle ich mich gerade wie ein dummes Schaf“, sage ich kleinlaut. „Du hast mich mal wieder voll erwischt.“

Gott lacht. „Ich habe eine Idee. Beim Bäcker gibt es doch jetzt wieder diese kleinen Osterlämmer. Kauf eins und lade Frau König am Sonntag zum Kaffee ein. Ich verspreche dir: du wirst danach anders über sie denken. Und sie über dich vermutlich auch.“