Fürbitte

Patrick geht nicht oft in die Kirche. Aber an diesem Sonntag hat er es mal wieder geschafft. Zum ersten Mal seit Monaten. Die Predigt ist schon längst vorbei, das Lied danach auch – vielleicht 10 Minuten noch, dann ist der Gottesdienst zu Ende. Wie immer kurz vor Schluss kommen die Fürbitten. "Lasst uns beten", sagt der Pfarrer vorne und fängt an: Er bittet Gott um Schutz für Menschen, die auf der Flucht sind. Um Kraft für alle, die eine große Verantwortung tragen. Und um Hilfe für diejenigen, die krank und schwach sind.

Als die Fürbitten vorbei sind, sagt der Pfarrer: "Alles, was uns sonst noch bewegt, können wir jetzt in der Stille vor Gott bringen". Für vielleicht eine Minute ist in der ganzen Kirche kein Mucks zu hören. Patrick muss in der Stille an seinen Vater denken. Der war noch seltener in der Kirche als er, und irgendwann ist er ganz ausgetreten. Er mochte keine Ausländer, hat sich über linke Politiker aufgeregt und deshalb haben sich Patrick und sein Vater ziemlich oft in den Haaren gehabt. Vor einem Jahr ist er gestorben. Krebs.

Der stille Moment im Gottesdienst ist fast vorbei. Und so langsam taucht Patrick wieder auf aus seinen eigenen Gedanken. Nein, es war nicht immer leicht mit seinem Vater, aber jetzt, wo er nicht mehr da ist, fehlt er ihm doch. Patricks Blick geht nach vorne, zum Kreuz, das über dem Altar hängt. "Pass gut auf meinen Papa auf", sagt er leise. Dann spielt die Orgel das nächste Lied.