Küssen komisch

Omas und Opas küssen sich ziemlich komisch.

Unheimlich vorsichtig. Langsam, bedächtig und zitternd nähern sie sich an.

Mit ganz kleinen Schrittchen tippeln sie aufeinander zu. Bereit jederzeit den Rückzug anzutreten oder aber das Ganze in einen zwar unverfänglicheren, aber nicht minder niedlichen Kuss auf die Wange zu verwandeln.

Es erinnert mich an Walzer tanzen. Altmodisch, ja. Ein bisschen langweilig, ja. Und festgefahren in vorhersehbaren Bewegungen und Abläufen. Aber, miteinander tanzen, egal in welcher Form ist immer leidenschaftlich. Auch, wenn sich die Leidenschaft eher in den Köpfen abspielt.

Und kaum zu glauben, in diesem langsamen, altmodischen, vielleicht ein bisschen langweiligen Kuss, da geht es eben auch um Liebe. Oft sogar um Liebe, die seit vielen Jahrzehnten besteht, die ein Leben lang durchgehalten hat, oder aber auf der Spitze eines Lebens voller Erfahrungen neu gefunden wurde. Und plötzlich geht es gar nicht mehr so sehr um stürmische Leidenschaft oder Sexyness. Sondern nur noch darum, dass man sich küsst.

Und es ist ein bisschen paradox. Denn einerseits, so als junger Mensch, will ich mir das nicht so recht vorstellen Jemanden mal so vorsichtig, kurz und ganz und gar nicht ausgiebig zu küssen.

Aber dann wiederum kannst du dich wohl glücklich schätzen, wenn du irgendwann jemanden findest, bei dem Du Dir sicher bist: Den will ich auch noch als Opa küssen – egal wie komisch das dann ausschaut.

Freddie Brumm, Düsseldorf