Kite im Zenit

„Super, jaaa guuut… Rike… und jetzt bring den Kite mal voll in die Powerzone“. Ich hab nen Kitesurfkurs vor n paar Wochen gemacht und das war erst mal alles wie früher beim Vokabeln lernen. Was genau ist denn „die Bar“ oder was is n „Fronttube“ und was bedeutet überhaupt „den Kite in den Zenit bringen“ und eben „die Powerzone“??

Aber nach und nach hatte ich das raus und es war klar, wenn „der Kite im Zenit steht“, ist alles herrlich ruhig, ich kann mich umschauen und erst mal – passiert nichts. Aber wenn ich den Kite in die Powerzone bringe, dann geht’s ab. Dann zieht mich das Ding übers Wasser und ich fliege hinterher – mal freiwillig , mal aber auch unkontrolliert und alles andere als freiwillig.

Und wisst ihr was? Das war todesanstrengend, hat aber auch unglaublich Bock gemacht. Ich werd aus dem Wasser hoch gerissen, flieg nen halben Meter hoch und drei Meter weit übers Meer, klatsche auf, gehe kurz unter, muss mich orientieren und muss mir dann wieder nen festen Stand suchen.

Und genau das kenn ich auch aus meinem Leben. Ich brauch das total, immer mal wieder in die Powerzone des Lebens reinzuknallen. Das macht mich lebendig. Mein Leben wird bunt. Kurz alles Chaos, alles Durcheinander – und dann den Kite meines Lebens wieder unter Kontrolle bringen und genießen, wie schön ruhig der Kite im Zenit steht – bis die nächste freiwillige oder unfreiwillige Powerzone mich erwischt.

Rike Bartmann, Münster