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Kirche in 1Live | 20.12.2018 | floatend Uhr
Fahrdienst
Letztes Jahr wollte ich ernst machen. Wollte Weihnachten nicht in Glühwein, Bratensauce und Familienkitsch absaufen lassen, sondern was Sinnvolles tun. Etwas, das einen Unterschied macht. Also bin ich abends zur Stadthalle gefahren. Da gibt es jedes Jahr eine Weihnachtsfeier für einsame Menschen: Festliches Essen, Geschenke, tolle Musik – und vor allem: Gesellschaft. Auf allen Kanälen hatte die Stadt Leute gesucht, die Taxi spielen und die die Gäste am Ende nach Hause bringen. Alles klar, mach ich.
Auf dem Weg zur Stadthalle stehe ich im Stau. Ehrlich jetzt. Nichts geht mehr, die Zufahrtsstraße ist voll mit Autos. Eine halbe Stunde später habe ich endlich einen Parkplatz gefunden und gehe auf den Vorplatz. Da stehen unzählige andere und sehen ziemlich enttäuscht aus. Plötzlich ruft ein Ordner: „Einmal Westen!“ Sofort stürzen sich fünf oder sechs Leute auf die etwas erschrocken dreinblickende alte Dame, die eine Mitfahrgelegenheit sucht. Die anderen gehen leer aus.
Nur noch ein paar verstreute Gäste verlassen die Stadthalle. Ein ziemlich runtergekommener Typ schlendert in meine Richtung. „Kann ich Sie mitnehmen?“ frage ich. Er schüttelt den Kopf. „Nein, danke, ich gehe zu Fuß“, sagt er. Und dann: „Jetzt gucken Sie nicht so.“ Er holt einen Schokonikolaus aus der Tasche und gibt ihn mir. Dann geht er weiter und pfeift ein schräges „Jingle Bells“. Und irgendwie denke ich: Jo. So geht Weihnachten auch.
Sprecher: Daniel Schneider
