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Kirche in 1Live | 22.12.2018 | floatend Uhr
Altmodisch
Einmal im Jahr werde ich altmodisch. Im Dezember. Da soll es alt und echt sein. An der Wand hängt mein alter Adventskalender, ein Nikolaus aus Filz, früher so groß wie ich, mit vierundzwanzig kleinen Taschen. Ein paar davon beginnen sich zu lösen, der Filz ist an manchen Stellen so ausgedünnt, dass die Wand dahinter durchscheint, aber ohne meinen Nikolaus ist kein richtiger Advent! Und ohne Plätzchen auch nicht. Und zwar die richtigen, nach Rezept von Oma, 200g Mehl, 350 g Butter – „gute Butter!“, steht am Rand, das muss sein, einmal im Jahr. Und ohne die alte Weihnachtsplatte auch nicht. Nur dafür habe ich noch einen CD-Player. Der Tölzer Knabenchor singt die schönsten Weihnachtslieder. Wie früher. Das muss sein, einmal im Jahr.
Ich weiß, dass ich damit heile Welt spiele. Und ich weiß auch: Es werden Zeiten kommen, da wird all das seinen Zauber verlieren. Wenn das Leben aus den Fugen gerät. Dann baue ich darauf, dass mir jemand sagt, was Advent heißt: Das, was Du vor Augen hast, was Dich erschreckt und klein macht, wird immer nur das Vorletzte sein und nicht das letzte Wort haben. Es kommt noch etwas Größeres. Es kommt jemand Größeres, der sich klein macht, damit er dir in die Augen gucken kann.
Meinen Adventskalender will ich trotzdem. Und Omas Plätzchen. Und die CD vom Tölzer Knabenchor. Und ich weiß auch, dass Advent letztendlich nicht davon abhängt. Gott sei Dank!
Sprecher: Daniel Schneider
