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Kirche in 1Live | 12.03.2019 | floatend Uhr
Wo Gott ist
Wo ist eigentlich Gott? Ich weiß nicht, wie oft Leute mir diese Frage stellen. Wenn sie wissen, dass ich an ihn glaube. Und meistens kommt dann was ganz Schlimmes: Wo ist eigentlich Gott, wenn auf dem Mittelmeer Flüchtlinge ertrinken? Wo ist Gott, wenn in der Kirche Kinder missbraucht werden? Wo war Gott in Auschwitz?
Mir schwirrt dann meistens der Kopf. Weil ich hinter den Fragen anderes erahne. Wut, Trauer, Enttäuschung… ich kann das teilen. Mir geht’s genauso. Ich denke manchmal: Das Leben ist an sich schon rätselhaft und schwer ertragbar genug – auch ohne, dass ich noch Gott da irgendwie reindenken muss. Aber das will ich. Weil ich mir mein Leben nicht ohne Gott vorstellen kann. Ich will und kann beides nicht ausblenden – Gott nicht, und die Scheiße im Leben auch nicht.
Ich habe nicht immer die superschlaue Antwort parat, wenn Leute mich fragen: Wo ist Gott? Meist druckse ich ziemlich herum und mir fehlen die richtigen Worte. Aber die Antwort ist meist dieselbe:
Ich glaube: Gott ist da.
Ich glaube, Gott treibt zwischen den Planken im Mittelmeer.
Ich glaube, Gott spürt jeden Schlag, jede brennende Berührung, jedes gedachte oder geweinte „Hör auf!“ hinter verschlossenen Türen.
Ich glaube, Gott hat in Auschwitz gespürt, wie die Luft knapp wurde.
Ich glaube, Gott ist da.
In jeder Sekunde, an jedem Ort.
Ich weiß auch nicht, warum er nichts macht.
Ich verstehe es auch nicht.
Aber ich halte mich an einem fest:
Er ist da.
Sprecher: Daniel Schneider