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Kirche in 1Live | 10.10.2019 | floatend Uhr
Nie wieder
Nie wieder!“ haben die Deutschen geschworen, als 1945 ihr Land in Trümmern lag. Nie wieder sollten Jüdinnen und Juden hier in Angst leben müssen. „Nie wieder!“ haben wir geschworen, als wir in der Schule über den Nationalsozialismus sprachen. „Nicht schon wieder“, stöhnten wir, als wir in der Schule schon wieder über den Nationalsozialismus sprachen. Einen „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte nannte unlängst ein Politiker diese Zeit. „Nie wieder!“ schwören nach den Morden von Halle viele Menschen in diesem Land, in dem es seit einiger Zeit wieder gefährlich ist, mit einer Kippa auf dem Kopf vor die Tür zu gehen.
Kol nidrei…“ haben Jüdinnen und Juden gestern weltweit, am stillsten und abgründigsten Feiertag des Jahres, gebetet. „Unsere Schwüre seien keine Schwüre, unsere Gelübde keine Gelübde.“ Eine vorausschauende Absage an alle Versprechen, alle Schwüre, alle Gelöbnisse und Gelübde, die in den nächsten zwölf Monaten unbedacht und folgenlos daher gesagt werden. Ein Echo der Worte aus der Hebräischen Bibel: „Wenn du dem HERRN, deinem Gott, ein Gelübde ablegst, so sollst du es ohne Verzug erfüllen, denn der HERR, dein Gott, wird es sonst von dir einfordern, und es trifft dich Strafe.“
„Ihr sollt überhaupt nicht schwören“, sagt Jesus. Auch heute nicht. Wer ein Land will, in dem Synagogen ohne Polizeischutz auskommen und niemand durch einen Metalldetektor zum Gottesdienst gehen muss, soll nicht schwören. Sondern etwas dafür tun. Da gibt’s viele Möglichkeiten. Eine ist: Widersprechen, wenn alte Stammtischparolen über „die Juden“ hervorgeholt werden – egal, ob auf der Geburtstagsfeier deines Onkels, in deiner Lieblings-Shisha-Bar, deiner Stammkneipe oder auf der Facebook-Seite deiner Lokalzeitung.
Sprecherin: Alexa Christ