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Kirche in 1Live | 11.10.2019 | floatend Uhr
Konterbeten
Einer meiner Mitbewohner schwört auf sein Konterbier. Wenn er Sonntagmittag aus dem Bett gekrochen kommt und mit kleinen Augen am Küchentisch sitzt, gibt es für ihn kein besseres Mittel gegen seinen Kater. Man muss Gleiches mit Gleichem bekämpfen, sagt er. Mein anderer Mitbewohner trinkt so gut wie gar nichts, aber trainiert dafür wie ein Besessener. Selbst Muskelkater kann ihn nicht davon abhalten – er schwört darauf, dass ihm dann nichts besser hilft als moderate Bewegung. „Kontertraining“ nennt er das.
Ich frage mich manchmal, ob das mit dem Glauben auch so ist. Da gibt’s ja auch Menschen, die Verletzungen davontragen. Weil sie es übertrieben haben oder weil sie an Leute geraten sind, die ihnen was Falsches gezeigt haben. Weil sie einfach enttäuscht sind. Viele Leute machen dann ganz mit Gott Schluss. Ich kann das verstehen. Aber vielleicht bringt das gar nicht so viel? Ich stelle mir vor, dass es sowas wie ein Kontergebet geben könnte. Das man spricht, obwohl man die Schnauze voll hat. „Hey, Gott, du hast da echt Scheiße gebaut. Und ich lass dich nicht einfach in Ruhe. Wenigstens eine Erklärung bist du mir schuldig.“ Martin Luther hat mal gesagt: Beten heißt, Gott den Sack vor die Füße zu schmeißen. Ich glaube, Gott kann das vertragen. Und ich kann’s gebrauchen.
Sprecher: Daniel Schneider