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Kirche in 1Live | 02.11.2019 | floatend Uhr
Ohrringe
Ich sag mal: Jeder Mensch hat Sammelticks. Briefmarken, Zeitungsausschnitte, Muscheln, das sind ja so Klassiker. Ich besitze über hundert Paar Ohrringe. Rote, blaue, gelbe, lilane, mit Punkten, Streifen, Eulen, Füchse, Mäuse, Blumen, Stecker, baumelnde, aus Cord, Stoff, Federn und Silber. Auch Kronkorken und große baumelden Rehkitze sind dabei, Hippieohrringe und seriöse Stecker. Ich bin da eher so reingeschlittert – Ohrringe fand ich schon immer toll, als Kind hatte ich Tigerenten und Papageien am Ohr baumeln. Dann konnte ich irgendwann an keinem Modeschmuck-Laden mehr vorbei laufen, ohne reinzugehen.
Mittlerweile gehören die Ohrringe zu mir wie bei anderen Leuten die Brille oder Kontaktlinsen. Jeden Morgen schau ich, welche mir grade gefallen. Und nicht nur, was zu meinem Outfit passt, nee nicht so schicki-micki, sondern wie sie mich und meine Laune unterstreichen. Das ist quasi der Soundtrack meines Tages – an sommerlichen Tagen trage ich gerne die großen Holzschmetterlinge, bei nem wichtigen Arbeitstermin die schlichten Stecker, abends die riesen Hippie-Baumel-Dinger mit Federn.
Ich werde oft auf meine Ohrringe angesprochen. Und vielleicht weil ich Theologie studiert habe, werde ich auch oft auf meinen Glauben angesprochen. Man könnte meinen, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Aber meine Ohrringe gehören zu mir und eben auch mein Glaube. Und wie die Ohrringe ist mein Glaube an Gott ist nicht starr, er ist beweglich. Er baumelt vielleicht nicht so wie meine Ohrringe. Aber ich kann darin zweifeln und lachen, ruhig sein und laut, sicher und unsicher, und vor allem – kunterbunt.
Rike Bartmann, Münster