Du stinkst

„Du stinkst!“ Das kann man doch nicht sagen. Obwohl ich das schon manchmal möchte. Wenn zum Beispiel ein Kollege so vor sich hin müffelt, dann könnte ein diskreter Hinweis schon echt hilfreich sein. Auch für den. Aber ich mache das dann doch nicht. Ich will schließlich niemanden verletzen oder in eine peinliche Situation bringen. Ich lüfte einmal durch und gut ist.

Aber was ist, wenn mir politisch, von seiner Gesinnung her, einer stinkt? Wenn vielleicht mein Kollege oder mein Chef oder mein Onkel Erwin ab und zu mal mit einem fremdenfeindlichen Spruch die Luft verpestet. Oder wenn mein Nachbar nicht nur rechts wohnt, sondern auch rechts wählt. Wie reagiere ich denn dann? Halte ich da auch einfach nur die Luft an und sage nichts? Meine Befürchtung ist: Braunes Gedankengut setzt sich im Hirn fest wie ein Gestank, den man nicht mehr aus den Klamotten bekommt. Und das will ich nicht. Und deshalb muss ich was sagen. Ich werde weiter mit diesen Menschen umgehen. Schon allein, weil es mein Kollege, mein Chef, mein Onkel Erwin oder mein Nachbar ist. Ich will mit denen reden. Denn Toleranz und Offenheit sind für mich so wichtig wie die Luft zum Atmen. Wenn jemand aus dem Mund stinkt wie Aas, das kann ich zur Not ignorieren, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aber nicht.

Martin Kürble, Düsseldorf