Das Heul Seminar

In China gibt es Heul Seminare. Hab ich was drüber im Fernsehen gesehen. Ins Heulseminar gehen Leute, um zu weinen. In verschiedenen Einheiten werden alle möglichen Strategien genutzt, um die Menschen zum Weinen zu bringen: angefangen bei traurigen Geschichten, bis hin zum eigenen Abschiedsbrief an die Familie, weil das Seminar mit dem (natürlich simulierten) eigenen Tod in einem Holzsarg endet. Da liegen dann 30 Leute in einer Holzkiste mit einem Abschiedsbrief auf dem Bauch und beweinen ihren eigenen Tod.

Und warum das alles? Tatsächlich einfach nur um zu weinen. Anscheinen ist es in China nicht besonders angesehen zu weinen. Schon gar nicht wenn andere dabei sind. Darum gibt es diese Seminare. Hier wird ein geschützter Raum geschaffen, um mal richtig hemmungslos einen Tag abzuheulen.

Erst fand ich diese Sache wirklich strange. Warum gibt man sich bitte sowas? Aber je länger ich drüber nachgedacht habe, desto mehr wurde mir klar, dass ich sowas ähnliches eigentlich auch mache.

Manchmal höre ich mit Absicht Musik, bei der ich weiß, dass ich früher oder später weinen muss. Oder Filme. Ich kenne mindestens drei Filme bei denen ich safe weiß, dass mir nach 10 Minuten die Tränen in die Augen schießen. Und es gibt Abende, da entscheide ich mich ganz bewusst dafür einen diese Filme zu gucken. Weil ich weiß, dass ich dann weinen muss.

Eigentlich voll krass, aber irgendwie tut mir das dann richtig gut. Mal alles rauslassen. Wie so ne innere Reinigung.

Psychohygiene. - Wir haben in den letzten Monaten gelernt uns bis auf die Knochen die Hände zu waschen. Aber die Seele zu waschen und darauf zu achten, dass es uns auch seelisch gut geht, mussten wir immer weiter hinten anstellen.

Also ist es vielleicht heute mal wieder an der Zeit „Ich bin Sam“ zu gucken und dabei die extra große Box mit Tempos neben mir aufs Sofa zu stellen.