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Kirche in 1Live | 05.09.2020 | floatend Uhr
Hoffnungsmusik
Seit 19 Jahren wird das längste Musikstück der Welt gespielt. Es soll 639 Jahre lang in einer Kirche in Halberstadt zu hören sein. Zugegeben ich war noch nicht da. Ich habe aber online reingehört. „Langweilig.“ Sagt mein Kollege, der den Dauerton im Büro mithören musste. Ich denke: Absolut geil. So klingt Hoffnung!
Denn Hoffnung müssen die Initiatoren gehabt haben. Keiner von denen wird das Ende des Stückes je hören. Sie können ja nicht mal sicher sein, ob es überhaupt zu Ende gespielt wird. Sie können nur hoffen. Und das finde ich super.
Ich mache mal eine Kurzbeschreibung: Der Komponist John Cage hat das Orgelstück „As slow as possibel“ geschrieben und wie der Name schon sagt, soll das Stück nun so langsam wie möglich gespielt werden. Auf einer Orgel in der ehemaligen Kirche in Halberstadt für 639 Jahre. Die Orgel wird erst nach und nach aufgebaut. Weil die Töne nur alle paar Jahre wechseln, muss sie ja auch noch nicht komplett fertig sein. Für einen Stromausfall steht ein Notstromaggregat bereit. Aber trotzdem kann so viel passieren: Naturkatastrophen, Krieg, Terror, politische Umbrüche, Klimawandel …
Ich glaube nicht, dass die Initiatoren naiv sind, aber ich verstehe: Wir dürfen hoffen, dass Mensch und Natur eine Zukunft haben. Und zwar eine gute Zukunft, in der auch Zeit für Musik ist.
Und wer beim Reinhören wie mein Kollege „langweilig“ denkt. Heute findet ein Tonwechsel statt und der nächste am 5. Februar 2022.
Daniel Gewand, Münster