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Kirche in 1Live | 12.04.2021 | floatend Uhr
Die schwarze Jacke
Letzte Woche rief mich meine Schwester an
und wollte von mir wissen, ob ich eine Beerdigungsjacke hätte. Die Frage kam
für mich etwas unvorbereitet und ich wusste auch nicht so genau was sie meinte.
Es stellte sich heraus, dass sie eine schwarze Jacke meinte und so eine hatte
ich auf jeden Fall nicht.
Ich bin mir sicher, hätte meine Schwester
Mama gefragt, dann hätte sie erstens direkt gewusst, wovon sie spricht und
zweitens hat Mama garantiert auch genauso ein Kleidungsstück. Eine Jacke, die
sie eigentlich nur zu Beerdigungen trägt. Schwarz. Schlicht. Unauffällig.
Zum Glück war ich schon länger nicht mehr
auf einer Beerdigung, aber ich erinner mich ziemlich genau, dass ich das letzte
Mal eine dunkel rote Lederjacke getragen hab. Nicht weil ich nichts Schwarzes
hatte, sondern weil die Familie sich explizit gewünscht hat, dass die Gäste
nicht in Trauerkleidung kommen. Fand ich ehrlich gesagt ziemlich cool. Die Idee
das Leben des Verstorbenen nochmal zu feiern. An die schönen Momente zu denken
und sich nicht noch zusätzlich von all dem schwarz runterziehen zu
lassen.
Früher haben Witwen zum Beispiel ein Jahr
lang schwarz getragen. Als Trauerkleidung. Ein Jahr. Ist doch echt krass.
Also wenn ich mal sterbe, dann wünsch ich mir eine bunte Beerdigung. So wie ich eben auch bin. Bunt und etwas durchgeknallt. Ich wünsch mir, dass auf meiner Beerdigung getanzt und gelacht wird und die Menschen sich gerne an mich zurückerinnern. Natürlich sollt ihr auch ein bisschen traurig sein, dass ich weg bin. Aber das geht ja auch mit ner roten Jacke.
Julia Fischer, Köln