Bußgeld-Katalog

Donnerstags fährt Gott nämlich immer in die Stadt zum Einkaufen.

Und dann macht er einen Zwischenstopp.

Wir trinken eine Tasse Kaffee und reden über ihn, mich und die Welt.

„Guck mal, ich habe ein Geschenk für dich“, sagt Gott. Und noch im Hinsetzen hält er mir einen Katalog hin.

Ich nehme das Teil. Ziemlich dick und schwer.

Gott sieht meine Ratlosigkeit. „Das, liebe Alexa, ist dein ganz persönlicher Bußgeld-Katalog.“

„Mein was?“ frage ich nach und gehe in Abwehrhaltung.

„So ne Art Sammlung“, sagt Gott. „Mit allem, was du in den letzten 365 Tagen vermurkst hast.“

Nur um Gott nicht in die Augen sehen zu müssen, blättere ich wahllos herum.

Und schon wieder bin ich überrascht. Egal, welche Seite ich aufschlage: sie ist leer. Nur weißes Papier.

„Das ist mein Geschenk an dich“, sagt Gott lächelnd. „Auf jeder dieser Seiten hat was gestanden. Aber ich habe es gelöscht. Ich will nicht, dass du bei mir für das Verkehrte in deinem Leben bezahlen musst. Nur eins bist du mir schuldig, und da nehme ich dich auch nicht aus der Verantwortung.“

„Nämlich?“ frage ich kleinlaut.

„Dass du mir endlich einen Kaffee kochst und ich nicht jedes Mal danach fragen muss.“

„Das ist schon alles?“ will ich verdutzt wissen. „Keine Ermahnung in Sachen Nächstenliebe? Also, dass ich jetzt anderen verzeihen soll? So, wie du es bei mir tust?“

„Nö“, sagt Gott, „erstens bin ich kein Freund von Moralpredigten; zweitens bist du selbst schlau genug, um zu wissen, was ich mir von dir wünsche; und drittens müsste ich dann viel zu lang auf meinen Kaffee warten.“

Sprecherin: Alexa Christ

Redaktion: Daniel Schneider