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Kirche in 1Live | 22.04.2021 | floatend Uhr
Bier, Kippen und Dunkelheit
„Wo ist eigentlich dein Gott in der Pandemie?“ fragt Luisa im Flur. Mehr so im Vorbeigehen. Wahrscheinlich will sie mir nur noch einmal deutlich machen, dass sie diese Sache mit dem Glauben absolut sinnlos findet, und erwartet keine Antwort. Die kriegt sie im Flur auch nicht. Ich bin nicht so gut im Drüberreden.
Und manche Dinge kann man im Vorbeigehen nicht erzählen. Manche Themen brauchen Zeit und Bier und Kippen und Dunkelheit.
Wenn Luisa mich in so einer Situation nochmal fragt, dann kann ich vielleicht ein bisschen erzählen.
Dass ich Gott öfter suche als finde.
Dass manchmal mein einziges Gebet am Abend ist: „Geht’s noch?!“
Dass mein ganzer Glaube manchmal mehr aus Trotz als aus wirklicher Überzeugung besteht.
Aber auch: Dass ich Gott spüre, wenn abends mein flatterndes Herz plötzlich ruhiger wird.
Wenn ich auf der Straße einen unbekannten Menschen sehe und verstehe: Wir leben unter demselben Himmel, du und ich.
Dass ich Gott den Credit gebe, wenn ich Dinge schaffe, die eigentlich weit über meine eigene Kraft hinausgehen.
Oder wenn ich plötzlich feststelle: Ich kann auch weit außerhalb meiner Komfortzone überleben.
Vielleicht erzähle ich ihr, warum ich manchmal ein „Danke“ in den Himmel murmele, wenn ich sehe, wie ein Löwenzahn durch den Asphalt bricht.
All das ist für mich zu wertvoll, zu verwirrend, zu klein und zu groß, um es einfach so im Vorbeigehen im Flur zu erzählen.
Manches braucht Zeit und Bier und Kippen und Dunkelheit. Ich auf jeden Fall. Und Gott vielleicht auch.
Sprecher: Daniel Schneider
Redaktion: Daniel Schneider