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Kirche in 1Live | 23.04.2021 | floatend Uhr
Klosterleben
Früher haben wir Lena belächelt, wenn sie mit leuchtenden Augen von ihrer Woche im Kloster erzählt. Jedes Jahr kommt sie bei irgendwelchen Nonnen in Süddeutschland unter. Der Tagesablauf ist streng geregelt, morgens beten, mittags beten, abends beten, und dazwischen darf auch keiner machen, was er will. „Wie Urlaub klingt das nicht“, haben wir früher immer gesagt.
Aber letztes Jahr hat Lena uns mit ihrem Klosterkram das Leben gerettet. Naja, fast zumindest.
Als Corona kam und auf einmal alles zu war, dachten wir: Yeah! Endlich frei! Aber nach einer Woche sah die Wohnung aus wie Sau, die ungelesenen Bücher stapelten sich auf unseren Tischen, jeden Tag haben wir uns in den Haaren gelegen. Bis irgendwann Lena ein WG-Treffen einberufen hat. „Wir brauchen Struktur“, hat sie erklärt und für uns einen Plan gemacht. Acht Uhr morgens Frühstück. Für alle. Dann Zeit für Studium und Lernen und alles. Halb zwei Mittag, und Pause bis drei. Und vor allem: Kein Netflix vor 20 Uhr.
Für die Ordnung in unserer Wohnung war das gut. Und für die Ordnung in unserer Seele auch.
Ich habe damals gelernt: Zu viel Freiheit hat auch so seine Tücken. Mir helfen feste Zeiten. Mit mir selbst, mit meiner Arbeit, mit Freunden und Familie, vielleicht auch mit Gott. Damit Netflix nicht immer gewinnt und ich Zeit habe für das, was mir wirklich wichtig im Leben ist.
Sprecher: Daniel Schneider
Redaktion: Daniel Schneider
