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Kirche in 1Live | 16.09.2021 | floatend Uhr
Jom Kippur
Es gibt drei Bücher. In dem einen stehen die Namen der guten Menschen. Im zweiten die der schlechten. Im dritten Buch – naja, so der Durchschnitt. Halt die, die mal gut sind und mal Mist machen.
Heute
ist Jom Kippur, der höchste Feiertag für Menschen jüdischen Glaubens. Er wird
auch Versöhnungstag genannt, denn an diesem Tag versöhnt sich Gott mit den
Menschen und streicht Namen aus dem „Naja – Buch“ und trägt sie im Buch der guten
Menschen ein – so sagt das die Überlieferung. Natürlich gehört auf Seiten der
Menschen entsprechende Umkehr dazu und der Wille, es ab jetzt besser zu machen.
Der Tag ist also für Jüdinnen und Juden kein Happy Clappy-Tag. Der „Tag der
Versöhnung“ bedeutet Arbeit – an sich, an seinen Beziehungen. In Israel steht dafür
sogar das ganze öffentliche Leben still. Kein Verkehr auf den Straßen, kein
Programm im Fernsehen und Radio.
Ich weiß nicht, ob Gott wirklich, so Klassenbücher mit sich rumträgt, wo er Namen reinschreibt. Aber ich glaube auch fest daran, dass es ihm nicht egal ist, wie wir miteinander umgehen. Ich glaube, dass er auf der Seite der Schwachen steht. Und dass es ihm wichtig ist, dass wir erkennen, wenn wir Mist machen und uns dafür entschuldigen. Nicht, weil er uns dann endlich in das „Buch der Guten“ eintragen kann, sondern weil er diese Welt mal als Paradies geschaffen hat, in dem jede und jeder ein glückliches Leben führen kann. Ich denke, dass war Gottes ursprünglicher Plan und auch heute immer noch sein fester Wille. Als Christ feiere ich den Jom Kippur mit, denn Versöhnung ist ein ganz guter Schritt auf dem Weg in so ein glückliches und zufriedenes Leben.
Martin Kürble, Düsseldorf