Gerd

Kennst du auch einen Gerd? Ich habe neulich einen kennengelernt. Gerd ist sowas wie der Bürgermeister seiner Straße. In seiner Garage hat Gerd einen Kicker, einen gigantischen Fernseher und eine gut sortierte Bar. Wenn das Tor offen ist, hat Gerd Sprechstunde. Dann kannst du durch die Garage auch bis ins Wohnzimmer gehen. Gerd steht dir mit Rat und Tat zur Seite. Und wenn du was brauchst - Schraubenschlüssel, Rohrzange oder Hammer - dann brauchst du nicht fragen. Kannste einfach nehmen und nachher wieder zurückstellen.

Gerd guckt auch, wer so durch die Straße geht oder wo Hilfe gebraucht wird. Naja und ansonsten kannst du dich auch immer auf ein Bier dazusetzen, wenn Gerd unter dem riesigen Sonnenschirm vor dem Haus sitzt. Ist immer was im Kühlschrank. Kaffee geht auch.

Gerd ist echt ein feiner Kerl. Und ich habe gedacht – ein bisschen ist er so, wie ich mir Gott vorstelle. Mit Gerd nebenan hast du ein gutes Gefühl, weil du mit Problemen im Notfall nie allein dastehst. Du hast einen, auf den du dich verlassen kannst, aber der dir nicht auf die Nerven geht. Gerd ist Nachbar, Kumpel, Ohr zum Reinquatschen, Hand zum Anpacken, Schulter zum Ausheulen. Und so stelle ich mir eben auch Gott vor. Gut, wenn du so einen Gerd in deiner Straße und so einen Gott in deinem Glauben hast. Einziger Unterschied zwischen Gott und Gerd: Bei Gott ist immer Sprechstunde. Sein Garagentor ist immer offen.

Martin Kürble, Düsseldorf