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Kirche in 1Live | 20.01.2022 | floatend Uhr
Bewerbung
Das Jahr ist noch frisch und es ist eine gute Zeit, Weichen zu stellen. Dachte sich Julia und hat sich beworben. Das ist für viele natürlich nichts Besonderes, aber für Julia schon, denn es ist ihr aller erstes Vorstellungsgespräch. Was ziehe ich an? Was muss ich sagen? Wie muss ich mich verhalten? Fingernägel, Schminke, Schmuck? Alles ok? In der Schule muss sie vor den anderen aus ihrer Klasse bestehen oder versuchen, mit den LehrerInnen zurecht zu kommen. Aber jetzt ist die Situation für sie eine andere: Da ist jemand, der nicht ihre Leistung in Mathe oder Bio bewertet, sondern sie als Persönlichkeit. Sie ist unsicher. Was ist, wenn die mich nicht wollen?
Abgelehnt werden: Das Gefühl kennen die Meisten, ich auch. Wenn es ganz knapp oder auch überhaupt nicht reicht. Wenn ich mir die ganz großen Träume ausgemalt habe und es am Ende nichts wird. Was mache ich dann? Erstmal tierisch sauer sein oder heulen. Und dann? Die Sache mit dem „Aufstehen, Krönchen richten und weitergehen“ ist nur was für Postkarten, die man sich an den Spiegel oder Kühlschrank hängt. Tatsächlich kostet es viel Kraft sich immer wieder neu zu motivieren. Und je mehr Absagen es hagelt, umso mehr Kraft kostet es. Aber das Jahr ist noch frisch – vielleicht ist es grade jetzt wieder die richtige Zeit, Weichen zu stellen und neue Anläufe zu nehmen. Denn eins kann mir keine Absage nehmen: Meine Talente und meine Würde. Die behalte ich, egal wie mich andere bewerten oder was andere sagen oder meine Persönlichkeit finden.
Mit Julias Bewerbung hat es übrigens direkt beim ersten Mal geklappt. Sie beginnt jetzt als Aushilfe beim Bäcker.
Martin Kürble, Düsseldorf
