Unter der Haut

„Oh wow, tut das echt nicht so weh?“, fragt Anne und schaut zweifelnd auf die Nadel des Tätowierers. Die schießt mit einem stetigen surren schwarze Farbe unter die Haut ihrer besten Freundin. „Naja, also man merkt es schon, aber es ist wirklich nicht dramatisch“, sagt Jule und lächelt Anne an.

Die schaut nach wie vor skeptisch auf die Nadel und fragt sich, wie sie sich jemals darauf einlassen konnte, dass sie sich gegenseitig Tattoos zum Geburtstag schenken. Aber es gibt kein Zurück – auf der Innenseite von Jules Handgelenk steht schon der Anfangsbuchstabe ihres Namens. Während das gerade noch von Blumen umrankt wird, wird Anne immer aufgeregter und hat Schiss. Wird sie das Tattoo immer noch mögen, wenn sie alt ist? Wird es überhaupt noch gut aussehen? Was, wenn sie damit nicht mehr für bestimmte Jobs in Frage kommt?

Als könnte sie Annes Gedanken lesen, nimmt Jule ihre Hand und sagt: „Wir werden immer beste Freundinnen bleiben, auch wenn du dir das Tattoo nicht stechen lassen möchtest.“ Damit hatte Anne nun nicht gerechnet. Sie drückt Jules Hand und sagt: „Ich machs.“

„So, und nun du. Was soll’s denn sein?“, fragt der Tätowierer. Die deutet mit neuem Selbstbewusstsein auf Jules Arm und sagt: „Ich hätte gern ein J.“ Er will schon loslegen, da ergänzt Anne: Und einen Anker!“ Dabei lächelt sie ihre beste Freundin an. „Weil sie mein Anker ist.“

Sprecher: Jan Primke

Redaktion: Daniel Schneider