Nicht alles kommt wieder

Plateauschuhe und Schlag-Jeans. Wenn ich mein 13-jähriges Ich ins Heute beamen könnte – ich wäre ne richtige Fashion-Ikone. Naja, also fast. Aber meine Freundinnen und ich hatten echt alles gegeben auf den Dorfparties im Paderborner Land. Und wenn ich mir heute so alte Fotos angucke, dann höre ich mich so an wie meine eigene Oma: „Kommt alles wieder.“ Denn die Neunziger sind zurück! Aber eine Sache, die ist an diesem Nineties-Revival-Look heute anders. Denn der ist irgendwie ein bisschen politischer oder zumindest sensibler. Manche Sachen machen die Jungs und Mädels heute nicht mehr – aus gutem Grund: Ich hab mir zum Beispiel oft so ein Glitzer-Bindi zwischen die Augen geklebt. Gwen Stefani hatte das und die fand ich ultracool. Aber ich hatte null Plan davon, dass sowas kulturelle Aneignung ist. Das geht gar nicht. Auch weil Bindis in Südasien eine spirituelle Bedeutung für die Frauen haben. Und wenn ich als weiße Person mit vielen Privilegien sowas nur als modisches "I-Tüpfelchen“ an meine Stirn pappe, dann ist das unsensibel und plump. Ist das rassistisch? Über sowas wird gerade superhitzig diskutiert: Wer darf Dreadlocks tragen? Was ist Blackfacing? Und was wird bloß aus Winnetou? Da kochen die Emotionen ganz schön hoch. Meist nicht bei den Menschen, die diskriminiert werden, sondern bei den kulturellen Aneignern. Als würde mir was fehlen, nur weil ich zur Schlaghose kein Bindi trage. „Kommt alles wieder?“ – Bitte nicht! Es ist echt Zeit, dass auch ich selbstkritisch frage: Wo mache ich mit bei kultureller Aneignung?

Ela Kornek, Münster