voll Rakete

„Ela, Mann ey! Du bist heute wieder voll die Rakete!“ Mein Kollege Martin ruft das hinter mir her, als ich über den Büroflur flitze. Und er meint das nicht als Kompliment – das wäre auch weird und so tickt er zum Glück auch nicht. Martin will mir zeigen, dass ich wieder ganz schön Vollgas gebe. Und dass ich mich vielleicht an der ein oder anderen Stelle heute ein bisschen zu schnell zu krass aufgeregt habe. Da hat er Recht, denn das kann ich ganz gut: Wenn ich was blöd finde oder unfair, dann kann ich direkt hochgehen – wie so ne Rakete halt. Genauso ist es aber auch bei richtig tollen Sachen: Ich bin ultra begeisterungsfähig und kann mich total schnell freuen. Ich habe immer Lust auf Neues und ich kann ganz ehrlich sagen: Ich habe Bock aufs Leben! Auch da: Rakete mit Turbostart. Was ich allerdings nicht so gut kann, ist das dazwischen. So ein goldener Mittelweg, von dem immer alle reden. Denn das ist ja anscheinend am besten – wenn man so in sich ruht und ganz chillig und unbeeindruckt ist. Manchmal habe ich schon fast ein schlechtes Gewissen, weil ich das mit der goldenen Mitte nicht hinkriege. Und: Bäm – da trifft mich ne Bibelstelle. Da sagt Jesus: „Ich kenne deine Werke. Du bist weder kalt noch heiß. Wärest du doch kalt oder heiß!“ Ha! Guck an! Da wünscht sich Jesus von jemandem, dass der doch bitte endlich mal kalt oder heiß wäre – und eben nicht so lauwarm in der Mitte. Und das beruhigt mich voll. Ist doch gut, wenn wir alle ein bisschen unterschiedlich ticken. Manche sind besonnen und auf nem goldenen Mittelweg unterwegs. Und dann gibt es halt auch noch die Raketen.

Ela Kornek, Münster