Gang zurück

Ende Februar Mittwochabend, 23:45 Uhr, Innenstadt. Ich stehe neben meinem Auto und warte auf den ADAC, mit ist kalt, es sind nur knappe 4 Grad. Vor 2 Stunden bin ich hier mitten auf der Hauptstraße stehen geblieben, die Kupplung ist durch und somit geht hier nichts mehr. Ich kann keinen Gang mehr einlegen und der ganze Wagen steht still. Seit ca 14 Tagen rumpelt und ruckelt die Kupplung. Und morgen habe ich doch den Termin in der Werkstatt. Hätte ich doch nur EINEN TAG früher den Termin gemacht, vielleicht wäre es dann nicht zu dieser nächtlichen 2 Stunden „ich stehe in der Kälte und warte auf den gelben Engel-Aktion“ gekommen.

Und dann endlich gegen kurz vor Mitternacht sehe ich die gelben Warnlichter, mein Wagen wird auf den Abschlepper gezogen und ich werde nach Hause gefahren. Schön, einen Helfer zu haben, der sowas kann und dann noch mit mir so nett geplaudert hat.
Kurz vor eins: Ich komme allmählich zur Ruhe, ein letzter Gedanke bleibt aber:

So wie meinem Wagen, hätte es mir auch selbst passieren können: Körperlich und seelisch. Ich fühle die Erschöpfung der letzten Wochen und Monate, fühle die hakelige Kupplung an einigen der Tage und habe Sorge, dass bald nichts mehr geht.

Und ich habe mir noch in dieser Nacht vorgenommen, einen Gang zurück zu schalten, bevor nichts mehr geht. Dem Auto kann morgen eine neue Kupplung eingebaut werden, doch das geht bei Menschen nicht so leicht.
Wenn es ernst wird um die Seele, ein Burnout droht oder vielleicht sogar schon da ist: holt euch Hilfe, schaltet einen Gang zurück und riskiert nicht den Totalschaden.

Sprecher: Jan Primke

Redaktion: Daniel Schneider