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Kirche in 1Live | 19.10.2024 | floatend Uhr
Halt finden
Mike ist 21 und blind. Von Geburt an. Er macht eine Informatik-Ausbildung. Wenn ich mit ihm unterwegs bin, vergesse ich das manchmal, dass er blind ist – so krass sind seine Sinne geschärft. Er findet sicher durchs Leben. Dabei hilft ihm auch sein weißer Stock. Der schützt ihn und gibt ihm Halt.
Es gibt aber auch immer wieder Tage, an denen nicht einmal der Stock Mike die Richtung weisen kann. Das sind Tage, an denen er gerne wissen würde, wie genau das Farbenspiel der Herbstblätter aussieht. Oder wie die Sonnenstrahlen sich in den Regentropfen brechen, die auf sein Gesicht fallen. In solchen Moment fühlt er sich ein wenig einsam. Und von der Welt ausgeschlossen.
Mike hat nach einem Weg gesucht, in solchen Situationen wieder Halt zu finden: Er betet.
Mike vertraut darauf, dass Gott ihn in den Unsicherheiten seines Lebens nicht allein lässt. Auch dann, wenn er nicht weiß, wohin der nächste Schritt führt. Sein Glaube bestärkt ihn darin, dass er nicht alles im Griff haben kann. "Gott ist mein Licht und mein Glück "(1), heißt es in der Bibel. Für Mike sind das mehr als Worte. Es ist die Gewissheit, dass er auch in seiner Dunkelheit nicht allein ist.
Gebet. Das ist eine Form von Innehalten. Gott ansprechen. Das hat etwas damit zu tun, mich zu öffnen und mich anzuvertrauen. Und vor allem: Mir meiner eigenen Begrenztheit bewusst zu werden und dabei zur Ruhe zu kommen.
Für mich ist Mikes Herangehensweise eine Inspiration, die mich innehalten lässt. Wo finde ich eigentlich Halt? Mike würde sagen: Nicht nur in dem, was Du in der Hand hältst.
Quelle:
(1) Psalm 27
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel