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Kirche in 1Live | 31.10.2024 | floatend Uhr
Flaschenwurf
Meine Freundin Amira arbeitet in einem Jugendzentrum. Da macht sie verschiedene Sachen für die Kids: Sandwiches. Sommerfreizeiten. Discos.
Ganz oft stehen junge Leute aus dem Viertel einfach so vor der Tür. Zum Beispiel, weil es gerade zu Hause einfach nicht geht. Vielleicht sind sie rausgeflogen und können sonst nirgendwo hin.
“Gestern waren da zwei Jungs, die haben zwei Flaschen gegen die Hauswand geworfen.”, erzählt Amira. “Da ist ja wohl Hausverbot fällig.” Sage ich. „Da gebt ihr Euch schon so ne Mühe und die werfen Flaschen?” Amira sieht das anders. “Was denkst Du, warum sie die Flaschen an die Wand werfen?” “Die wollen was kaputt machen.” Sag ich.
Amira sieht das anders: "Sie wollten gehört werden.“, sagt sie. „Wir haben sie rein gebeten, mit ihnen was gegessen und geredet. Kein Vorwurf, sondern einfach nur gefragt, was los ist. Am Ende haben sie sich entschuldigt und versprochen, beim nächsten Mal zu reden statt zu werfen."
“Und jetzt?” frage ich. “Seitdem sind sie häufiger im Jugendzentrum, übernehmen kleine Aufgaben und reden selbst mit Jugendlichen, die vor der Tür stehen und kurz davor sind, was zu werfen.”
Amiras Geschichte erinnert mich daran, dass hinter jedem Verhalten, hinter jeder Wut mehr steckt. Die Jungs wollten nicht nur etwas zerstören – sie suchen nach einem Ort, an dem sie gesehen werden. Und Amira gibt ihnen genau das. Sie fragt nach Bedürfnissen, Wünschen und Träumen. Statt Strafen gibts Verständnis. Und ein offenes Ohr.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel