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Kirche in 1Live | 15.11.2024 | floatend Uhr
Allein und frei
Es ist stockdunkel, der Wind bewegt das Zelt und überall um mich herum krabbelt es. Da sind Geräusche, die ich nicht kenne. In meinem Kopf sind das instant irgendwelche Tiere, Monster, diese Riesenspinnen aus Harry Potter ...
Ich lieg‘ in meinem Zelt, im Schlafsack. Ich bin müde von der Fahrt und trotzdem hellwach. Ich lausche. Ich bin megastolz auf mich und hab‘ gleichzeitig so richtig Schiss. Es ist meine erste Nacht allein. Draußen auf dem Campingplatz, mitten im Nirgendwo in der Provence. Das erste Mal allein gereist, völlig ohne Plan. 11 Stunden allein am Steuer gesessen. Ich hab‘ mich morgens um 5 ins Auto gesetzt und bin losgefahren. In den Sonnenaufgang.
Eigentlich bin ich ein Herdentier. Aber ich wollte wissen, wie das ist, nur mit mir selbst unterwegs zu sein. Wie weit kann ich gehen? Werd‘ ich mich so einsam fühlen, wie ich mir das einrede?
Die Antwort: Ja, ich hab‘ Schiss. Hab‘ kaum geschlafen und manchmal dann doch lieber die halbe Nacht im Auto gedöst. Aber: Nein, erstaunlicherweise hab‘ ich mich null einsam gefühlt. Um mich herum war ja ganz viel Leben, das gezwitschert, gequakt und geraschelt hat.
Und was richtig nice war: Ich hab‘ mich noch nie so frei gefühlt. Frei von allem. Das Gefühl war so mega, dass ich ein paar Wochen später wieder losgefahren bin. Dieses Mal ans Meer. Und da hab‘ die Nächte ohne Angst durchgeschlafen.
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel