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Kirche in 1Live | 09.12.2024 | floatend Uhr
ehrlich pumpen
Ich stehe im Flur und warte auf Davud, meinen Freund. Dreimal die Woche gehen wir pumpen. Wir schauen uns vorher Trainingsvideos auf YouTube an. Dann werden Gewichte gedrückt. Auf dem Weg hin und zurück – meistens aber auf dem Rückweg – haben wir noch ein gutes Gespräch. Manchmal über Hip-Hop, manchmal über „Dreckstage“. So nennt Davud Tage, an denen man durchhängt und keinen Sinn im Leben sieht.
Eigentlich ist das der Hauptgrund, warum ich mit Davud pumpen gehe. Wir sind ehrlich miteinander. Das ist was, das ich lernen musste. Oft hab‘ ich ne Maske aufgesetzt, wenn mich ein Freund gefragt hat, wie es mir geht, und hab‘ dann sowas gesagt wie: „Alles gut“. Obwohl gerade gar nichts gut war. Oder andersherum: Am Anfang, wenn Davud mir von einem „Dreckstag“ erzählt hat, hab‘ ich seine Worte mit Bemerkungen wie „Halb so schlimm“ oder „Wird schon wieder“ beiseite gewischt. Heute höre ich Davud einfach zu. Ohne Kommentar. Ohne seine Probleme kleinzureden. Und oft erzähle ich dann auch von mir.
Ich bin mega dankbar, dass ich von Davud nicht nur Bizeps-Curls gelernt hab‘, sondern auch, wie wichtig es in Beziehungen ist, sich selbst zu zeigen. Selbst wenn Davud und ich irgendwann nicht mehr pumpen gehen, weil sich unsere Interessen verändern, werden Davud und ich Freunde bleiben. Safe! Ehrlichkeit ist eine Beziehungsebene, die hält.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel