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Kirche in WDR 2 | 10.06.2025 | 05:55 Uhr
Mitwachsen
Ich bin mit unserem Sohn auf dem Rückweg von der Infoveranstaltung zum Konfirmandenunterricht. Wir sitzen gerade im Auto, da sagt Emil: „Ich verstehe nicht, warum ich jetzt ein Jahr dahin gehen soll?! Ich habe doch schon längst entschieden, dass ich mich konfirmieren lasse!“ Ich schlucke. Stimmt!
Nicht so einfach… Ich erzähle etwas von Gemeinschaft und besonderen Erlebnissen, von Zweifeln und der Suche nach Antworten auf Glaubensfragen. Und denke: Bisschen dünn.
Das ist jetzt ein Jahr her. Emil ist trotzdem zum Konfiunterricht gegangen. Einiges hat er richtig super gefunden. Anderes weniger. Über den Gottesdienst mit einer Bildanalyse als Predigt hat er sich tierisch aufgeregt: „Was hat das denn mit meinem Leben zu tun?“
Am Sonntag ist Emil konfirmiert worden, in seinem Konfirmationsanzug. Hat er so
gewollt.
Gemeinsam mit einer Gruppe Jugendlicher hat er vor der Gemeinde erklärt, dass
er in diesem Glauben bleiben und wachsen will. An diesem Tag, in diesem Moment
hat es für alle gepasst.
Als Mutter weiß ich: Der
Konfirmationsanzug wird schon in wenigen Wochen zu klein sein.
Aber wie ist es mit dem Glauben? Wie kann der weiterwachsen und gedeihen, ohne
dass der Hosenbund spannt oder die Ärmel Hochwasser haben?
Ich ahne: Christlicher Glaube
wächst nicht in Anzuggrößen. Die nächste Größe gibt’s nicht vorgefertigt von
der Stange, sondern formt sich im Leben selbst. Ist immer Maßanfertigung.
Auf der Suche nach dem christlichen Gewand gibt’s oft mehr Fragen als
Antworten:
Was hilft mir im Leben? Was trägt mich durch Krisen und schwere Zeiten? Was
bereichert mein Leben und meine Beziehungen so sehr, dass ich darauf nicht
verzichten möchte? Was macht letztlich den Unterschied?
Ein Kollege hat vor ein paar Wochen einen ehemaligen Konfirmanden im Drogeriemarkt getroffen. Der ist mittlerweile erwachsen, hat selbst eine Familie. Zwischen Haarshampoo und Nagelfeilen gesteht der junge Mann dem Kollegen: „Ich habe damals bei euch im Konfiunterricht ein anderes Leben kennengelernt.“
Im Kolosserbrief empfiehlt der Briefeschreiber: „Darum zieht nun an herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Freundlichkeit und Geduld.“
Da ist es, das andere Leben!
Der Stoff, aus dem der christliche Glaube gewebt ist. Dieses Gewand wird nicht
zu klein. Es wächst mit. Ein Leben lang. Nachhaltiger geht’s nicht!
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius