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Hörmal | 01.06.2025 | 07:45 Uhr
Chemnitz
„Raider heißt jetzt Twix“…und? Wie geht’s weiter? „sonst ändert sich nix“: So geht’s weiter. Ist doch bekloppt, wie manche Werbeslogans im Kopf bleiben. Hätten Sie gedacht, dass das schon 1991 war, als der Keksriegel in Deutschland umbenannt wurde? 34 Jahre ist das her!!
Ist es typisch für einen Wessi wie mich, der im Kapitalismus groß wurde mit Raider, Mars, und wie die Riegel alle heißen, dass ich vor allem Werbesprüche erinnere? Und wenn die sich dann noch reimen…
Noch so’n Spruch: „Den Sozialismus in seinem Lauf“…na? „...hält weder Ochs noch Esel auf“. Klar: das ist kein kapitalistischer Werbespruch. Der Satz wurde berühmt durch Erich Honecker. Den sagte er am 14. August 1989 – und da war die DDR eher schon klinisch tot als mopsfidel. Honecker sagte das beim Besuch einer Firma in Erfurt, die Computerchips herstellte – was damals natürlich der technologische Hit war. Die Firma hieß bezeichnenderweise „Karl Marx“.
Wie auch immer: Heute vor 35 Jahren wurde endgültig klar, dass der Sozialismus hierzulande ein Auslaufmodell war. Denn nicht mal ein Jahr, nachdem Honecker vom Ochs und Esel sprach, war nicht nur die Mauer gefallen, sondern auch die Stadt, die einst nach Karl-Marx benannt wurde, bekam ihren alten Namen zurück: Chemnitz. Am 1. Juni 1990 entschieden die Bürgerinnen und Bürger mit 76 Prozent Mehrheit, dass sie nicht mehr nach Karl Marx benannt sein wollten, nach dem Vordenker des Sozialismus. Karl-Marx-Stadt heißt jetzt wieder Chemnitz „… sonst änderte sich nix?“ Nun: für die Menschen in Chemnitz und in der gesamten ehemaligen DDR hatte sich ja mit der Wende verdammt viel geändert„Blühende Landschaften“ – noch so ein Slogan – hatte Helmut Kohl versprochen, der „Kanzler der Einheit“. Dass das mit dem Blühen alles etwas brauchte und dass viele damals abgehängt wurden, das steckt uns Deutschen noch immer in den Klamotten. Und trotzdem: Wie gut, dass sich nicht nix geändert hat!
Wie schön ist das doch zu sehen, dass in diesem Jahr Chemnitz sogar Europäische Kulturhauptstadt ist. Klar: der gigantische Kopf von Karl-Marx ist noch da als Monument. Aber: heute gilt er eher als ein kultiges Maskottchen der Kulturszene, und die blüht in Chemnitz. Die Stadt feiert mit einem riesigen Programm die Veränderung! Ähnlich wie 2010 die Ruhrmetropole Essen, die damals Kulturhauptstadt war. Immerhin: Die Kulturhauptstadtidee, besteht in diesem Jahr seit 40 Jahren: Das ist eines der starken Zeichen dafür, dass Europa lebt und auch in weiten Teilen eine Erfolgsgeschichte ist.A propos Erfolgsgeschichte: Heute vor 35 Jahren beschlossen Präsident Bush Senior und Michail Gorbatschow beschlossen in Washington, dass das wiedervereinigte Deutschland frei entscheiden kann, welche Bindung es eingeht. Dass wir vereinigten Deutschen auf ein einiges Europa setzen, das hält hoffentlich auch künftig keiner auf, in seinem Lauf.